"Krone"-Interview

Zakk Wylde: “Bin der Salvador Dali der Band”

Musik
06.07.2014 17:00
Er gehört zu den größten und einflussreichsten Metal-Gitarristen der Neuzeit und hat unzählige Klassiker von Genre-Urvater Ozzy Osbourne geschrieben. Nun hat sich Rauschebart Zakk Wylde endgültig emanzipiert und ist bereits seit mehr als einer Dekade sehr erfolgreich mit seiner Band Black Label Society unterwegs. Wir trafen den 47-jährigen Amerikaner beim Nova Rock, um mit ihm über sein neues Album, die überstandene Alkoholabhängigkeit und diverse Gerüchte zu sprechen.
(Bild: kmm)

"Krone": Zakk, du bist eine sehr religiöse Person und hast unlängst das Album "Catacombs Of The Black Vatican" veröffentlicht. Was bedeutet der schwarze Vatikan für dich?
Zakk Wylde: Die wahre Bedeutung dieses Titels ist mein aufklaffender Arsch von 25 Jahren Musikbusiness. In meinem Hintern befinden sich massive Katakomben. (lacht) Im Prinzip geht es aber nicht um Religion, denn der Name meines Studios ist "Black Vatican" und die Band heißt "Black Label" – insofern schließt sich damit also der Kreis. Type O Negative hatten damals den "Green Vatican". Im Prinzip sagt mein Titel nur aus, welch Genie ich doch bin (lacht).

"Krone": Es gibt also definitiv keinen thematischen roten Faden auf dem Album?
Wylde: Es kommt immer darauf an. "My Dying Time" dreht sich etwa um meinen Freund Philip Seymour Hoffman, der tragischerweise an Heroin verstorben ist. Den Song könnte ich mit all meinen Freunden verbinden, die es nicht schaffen, von Rauschmitteln wegzukommen. Die Texte spiegeln im Prinzip einfach meine Erfahrungen wider. Da kann es sich schon auch mal um den Zweiten Weltkrieg drehen, weil ich gerne Geschichtsdokumentationen sehe. Mich hat mal jemand gefragt, worum es in dem Song "Crazy Horse" geht, und ich sagte ihm, es geht um ein Pferd, das verdammt verrückt ist. (lacht) Das entstand so einfach und klar, wie wenn du über deine Lieblingsfußballspieler redest. Pelé, Diego Maradona oder George Best. Ich habe mit meinen indioamerikanischen Freunden über Crazy Horse, Sitting Bull etc. gesprochen. Dann las ich mir auf Wikipedia den Artikel über Crazy Horse durch und hatte schon den passenden Text im Kopf. Im Prinzip entstand dieser Text also nicht einmal aus einer Recherche, sondern nur aus einem kurzen Wikipedia-Auszug. Was ich nicht wusste, war, dass Crazy Hose ein irischer Katholik war. Das konnte ich nicht fassen. Du kannst über ein Thema singen und dieses Thema aus drei verschiedenen Perspektiven beobachten. Insofern gibt es immer genug Stoff, über den man schreiben kann.

"Krone": Wie lange brauchst du dann, bist du mit deinen Texten zufrieden bist?
Wylde: Es geht bei mir in erster Linie um die Musik und die Melodie – erst wenn dieses Gerüst steht, mache ich mir Gedanken darüber, was ich dazu singen werde. Der Zweite Weltkrieg etwa gibt immer Material für einen guten Text her, außerdem fallen mir manchmal einfach aus dem Nichts richtig coole Wörter ein, die ich dann einfach in einen bestehenden Text einbaue. Es muss gar nicht immer die passende Bedeutung haben, solang es richtig cool klingt.

"Krone": Weil du vorher Philip Seymour Hoffman angesprochen hast – du warst viele Jahre lang selbst kein Kind von Traurigkeit und hattest immer wieder Probleme mit Suchtmittel. Wie bist du davon weggekommen?
Wylde: Du meinst meine Sauferei? Ich hatte nie ein Problem damit, denn es kam einmal der Tag, wo mein Körper einfach damit aufgehört hat. (lacht) Ich hätte damit niemals aufgehört, es macht einfach zu viel Spaß, aber mein Körper konnte damit nicht mehr umgehen, weil ich Probleme mit meinem Blutgerinnsel habe. Ich musste einfach damit aufhören, so wie du es auch mit anderen Sachen tun musst. Wenn du fit werden willst, beginnst du auch, Gewichte zu stemmen, und hörst auf, beschissenen Fraß in dich reinzuschaufeln. Wenn du eine ganze Wagenladung Süßigkeiten vor dir liegen hast, darfst du einfach nicht hingreifen. Sei keine Pussy, sondern hör einfach damit auf! Ein Freund fragte mich einmal: "Was machst du jetzt eigentlich, wenn du ausgehst und deine Freunde um dich herum trinken?" Was sollte ich darauf antworten? "Keine Ahnung, vielleicht hole ich mir einfach öfter einen runter." (lacht) Es ist ganz einfach zu verzichten. Willst du gut an der Gitarre sein – dann musst du fleißig üben. Das ist ja im Prinzip dasselbe. Ich kann dir zeigen, wie man Gewichte stemmt und ein Workout macht, aber ich kann dir nicht die Eier kraulen und den Arsch abwischen – das musst du schon selber hinkriegen. Ich habe auch niemals harte Drogen oder so etwas genommen, sondern immer nur gesoffen. Wenn du Manns genug bist, um zu saufen, musst du auch Manns genug sein, damit aufzuhören.

"Krone": War zu dieser Zeit auch Religion wichtig für dich?
Wylde: Klar, ich danke Gott nach wie vor jeden Tag für mein Leben. Ich bin doch wirklich gesegnet, dass ich machen kann, was ich will.

"Krone": Du selbst giltst als ziemlicher harter Hund im Musikbusiness. Wer ist für dich eigentlich der coolste Typ?
Wylde: Boah, das gibt es eine Menge Typen, die mich inspiriert haben. Bei den Gitarristen etwa Tony Iommi und Jimmy Page. Aber auch Randy Rhoads und viele andere. Ich liebe auch Elton John oder Neil Young. Ich höre mir so viele verschiedene Sachen an. Das geht von Black Sabbath und Led Zeppelin über Sarah McLachlan bis hin zu Pantera und Meshuggah.

"Krone": Du hast am Nova Rock am selben Tag gespielt wie Black Sabbath und warst jahrelang Gitarrist bei Ozzy Osbourne. Was war das für ein Gefühl, ihn von der anderen Seite zu sehen?
Wylde: Großartig. Ich finde schon seine Soloband großartig. Gus G. spielt ja jetzt meine Sachen dort, und das finde ich einfach großartig. Ich bin gut mit Gus befreundet und er ist ein sensationeller Gitarrist. Ich bin mir aber der gegenwärtigen Situation bewusst, und ohne Ozzy hätte es niemals Black Label Society gegeben.

"Krone": Glaubst du, ihr könntet irgendwann wieder zusammenfinden?
Wylde: Meine Beziehung zu Ozzy und seiner Frau Sharon, die ich gerne "Mum" nenne, ist hervorragend. Wir sprechen nach wie vor immer wieder miteinander und ich habe nur gute Erinnerungen an diese Zeit. Alles ist gut. Was die Zukunft bringt, weiß doch niemand.

"Krone": Es gibt immer wieder Gerüchte, dass es eine Pantera-Reunion mit Phil Anselmo geben könnte.
Wylde: Es kann aber keine Reunion ohne all die anderen Jungs der Band geben. Ich weiß, worauf du hinauswillst und dass ich damit in Verbindung gebracht werde. Sollten sie sich einmal zusammenschließen, um dem verstorbenen Gitarristen Dimebag Darrell zu huldigen, bin ich natürlich sofort an Bord. Das wäre eine Riesenehre für mich.

"Krone": Du würdest zumindest in große Fußstapfen treten.
Wylde: Klar, es geht auch um Dimebag. Ich ehre ja auch allabendlich Randy Rhoads, wenn ich seine Songs spiele.

"Krone": Stimmt es, dass du dir zu Hause einen eigenen Randy-Rhoads-Schrein zusammengerichtet hast?
Wylde: Ja, als Teenager habe ich mir so etwas eingerichtet – mittlerweile habe ich nur mehr riesengroße Poster von ihm an meiner Wand hängen. (lacht) Früher war ich 14, heute bin ich 47 – da lässt die Sehfähigkeit nach, und deshalb müssen auch die Poster größer sein.

"Krone": Wie sieht es eigentlich mit deinen Kindern aus – probieren sie sich schon an Instrumenten und spürt man schon die musikalischen Gene ihres Vaters?
Wylde: Mein Sohn Hendrix versucht sich schon am Piano und der Gitarre und will auch bald zu singen beginnen. Ich dränge meine Kinder aber nicht dazu, in die Musikbranche zu springen, nur weil ich mich darin tummle. Das kannst du als Elternteil nicht machen. Du kannst ihnen etwas zeigen, und wenn sie es mögen, dann ist es gut. Es geht einfach darum, dass sie glücklich sind. Wenn sie wollen, sollen sie in das Geschäft eintauchen, wenn nicht, dann eben nicht. Das ist mir wirklich völlig egal. Arnold Schwarzenegger würde seine Kids auch nie dazu zwingen, dass sie Bodybuilder werden. (lacht) Das ist doch absoluter Bullshit.

"Krone": Hören deine Kids sich eigentlich Songs von Black Label Society an?
Wylde: Ja, die beiden Ältesten haben sich auch meine immer auf Tour zu sein, wenn deine Kinder zu Hause auf dich warten?
Wylde: Nein, das ist kein Problem. Ich kann auch nicht auf Hochhäusern arbeiten und Höhenangst haben. Weißt du, was ich meine? Ich liebe alles, was ich mache. Wenn du das Gefühl hast, dir geht das Touren schon auf die Nerven, dann hör einfach auf. Dann kannst du deine Karriere hinschmeißen.

"Krone": Was hast du denn in der näheren Zukunft alles vor?
Wylde: Hauptsächlich touren und darauf schauen, dass sich die Black-Label-Familie immer weiter vergrößert.

"Krone": Du meinst mit Familie jetzt deine Fans. Ich will dich aber auch was zur Band fragen – warum gab es in der Geschichte deiner Band derart viele Line-up-Wechsel?
Wylde: Das Schöne an Black Label Society ist, das niemand gefeuert wird oder unbedingt weg will – es gibt einfach niemals interne Grabenkämpfe. Die Jungs wollen meist ihr eigenes Ding durchziehen, und wer wäre ich, würde ich sie diesbezüglich aufhalten? Ich kann das gut nachvollziehen, will ja selbst meine Sachen so machen, wie ich es für richtig halte. Unser Gitarrist Nick Catanese verließ die Band im Vorjahr nach 15 Jahren, aber es gibt keine Streitereien oder so etwas. Wir lieben ihn und unterstützen ihn auf seinen weiteren Wegen. Unser Drummer Chad Szeliga wechselte heuer in das Soloprojekt von Ex-Creed-Sänger Scott Stapp. Er verließ uns knapp vor der Tour, aber auch das war okay, es ist seine Entscheidung. Bei unserem Gig in Pennsylvania war er zu Gast und hat Black Label Society erstmals von außerhalb gesehen. (lacht) Normalerweise stand er ja mit uns auf der Bühne. Es gibt kein böses Blut – wir alle sprechen noch miteinander und hängen ab. Das findest du selten woanders.

"Krone": Es ist also auch möglich, dass deine alten Bandmitglieder irgendwann wieder zurückkehren?
Wylde: Auf jeden Fall. Drummer Jeff Fabb war schon einmal weg und ist wieder hier, da ist überhaupt nichts dabei.

"Krone": Der Arbeitsprozess innerhalb der Band wird aber doch eher diktatorisch ablaufen?
Wylde: Ich bin der Salvador Dali der Band, das ist schon klar. Es ist meine Band und ich bin der Chef. Aber ich sage den Jungs natürlich nicht, was sie machen sollen, man will ja, dass die Leute ihre eigene Note einbringen. Sie sollen ihren eigenen Geschmack in die Suppe einfügen.

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