"Krone"-Interview

Alexa Feser: “Bin im Herzen noch immer ein Kind”

Musik
09.10.2014 12:12
Sie ist bereits 34 Jahre alt, wirkt aber trotzdem noch wie eine unbedarfte Newcomerin. Sängerin und Pianistin Alexa Feser startet mit dem Album "Gold von morgen" gerade ihre zweite Karrierephase und hofft nun auf das nötige Glück zum Erfolg. Im "Krone"-Interview erzählte die gebürtige Wiesbadnerin freimütig über ihre Schwächen, anstrengende Jobs zum Überleben und die Wichtigkeit, immer ein bisschen Kind zu bleiben.
(Bild: kmm)

"Krone": Alexa, mit "Gold von morgen" hast du gerade viel Erfolg, bist aber dennoch eine Spätstarterin. Du hast vor sechs Jahren schon einmal ein Album veröffentlicht, was war dann los?
Alexa Feser: Wenn man seinen eigenen Kopf hat und genau weiß, was man will, ist es immer schwieriger, Gleichgesinnte zu treffen, die dir helfen können. Ich arbeite mit dem Österreicher Steve van Velvet zusammen, der auch viel für Falco und Luttenberger*Klug gemacht hat. Wir arbeiten seit acht Jahren zusammen, und das funktioniert wirklich gut. Mir war wichtig, dass man mich als Künstler sein lässt, wie ich bin. Sich nicht zu viel einmischt, sondern eher meine Ideen unterstützt, weil man sie einfach gut findet. Das Album damals hatte auch meine Songs, aber die Produktion fand ich nicht schön und ich hatte mich schnell von dem Projekt verabschiedet. Ich hätte gerne mehr Piano gehabt, so wie jetzt.

"Krone": Das Album hattest du unter dem Pseudonym Alexa Phazer aufgenommen. War das ein Schutzmechanismus?
Feser: Nein, ich war nur früher DJane und habe diesen Namen mitgenommen. Ich habe dann schnell gemerkt, dass sich der Name mit deutschsprachiger Musik reibt. Warum nicht gleich echt? Und das neue Album repräsentiert mich auch zu 150 Prozent als Person, die ich bin.

"Krone": Gerade bei deutschen Texten besteht die Gefahr, dass man in Plattitüden verfällt. Das ist bei dir überhaupt nicht der Fall, weil du wirklich großartig textest. Wie lange arbeitest du daran?
Feser: Ich will mich keinesfalls limitieren und fange mit dem Text an. Wenn der eine gute Semantik und Poetik hat, brauchst du ihn vor der Melodie. In einen fertigen Melodiebogen einen Text reinzupressen fällt mir extrem schwer. Steve ist für diese Poetik mitverantwortlich und mein Sparringpartner und Korrektor. Ich rückversichere mich bei ihm und das führt manchmal auch zum Streit. (lacht) Es ist bei mir so, als würde der Text die Melodie fragen, was sie ihm anbieten könne. Es ist sehr altmodisch, aber ich sitze zu Hause am Flügel wirklich mit Block und Stift und schreibe mir Phrasen auf. Deswegen hat das Ganze auch drei Jahre gedauert. (lacht) Die Melodie kommt übrigens meist relativ schnell, wenn der Text einmal steht.

"Krone": Was bedeutet "Gold von morgen"? Ist das ein optimistischer erster Hinweis auf deine künftige Karriere?
Feser: Er ist zudem auch einer meiner persönlichsten Songs. Es geht darum, manchmal auch im Dreck wühlen zu müssen, um das Gold zu finden. Sinnbildlich gesprochen ist es manchmal schwierig, durchzuhalten und an etwas zu glauben. Man muss auch Niederlagen einstecken können und darf nicht aufgeben – das wäre zu einfach. Das war bei mir ja auch so. Ich habe das ganze Business nie so begriffen, dass ich gezwungen werde aufzugeben. Man hat den Wunsch, nur mehr Musik zu machen, und dafür brauchte ich für mich selbst eine Durchhalteparole. Der Song betrifft im Prinzip aber jeden, bei dem es im Leben manchmal stockt und der nicht so richtig weiter weiß. Man muss das Leben einfach mal annehmen – auch in düsteren Phasen. Am Ende hat alles einen Sinn.

"Krone": Du hast unter anderem schon als Flugbegleiterin oder Flyer-Verteilerin gearbeitet. Gehst du dadurch anders an die Sache ran als One-Hit-Wonder, die mit 20 schon durch die Decke gehen?
Feser: Das ist schwer zu sagen, weil es auch eine Charaktersache ist, wie man Erfolg annimmt oder nicht. Ich verspüre Dankbarkeit, dass ich mich total auf die Musik konzentrieren kann. Ob das dann immer so sein wird oder ob ich parallel auch was anderes machen muss, weiß ich ja nicht. Ich weiß aber zumindest, was das wert ist. Jetzt lebe ich in der Phase, wo ich ein Album gemacht habe, auf das ich stolz bin und das ich mir in 20 Jahren noch immer anhören kann. Ich bin sehr froh und dankbar, dass alles gerade so läuft, aber mal sehen, wann ich das nächste Mal Flyer verteile oder was anderes mache. Das weiß man ja nie.

"Krone": Was hast du insgesamt davon mitgenommen?
Feser: Auch wenn man oft verliert, nimmt man eine gewisse Demut mit, die man sich merkt. Wenn mich Kleinigkeiten ärgern oder etwas nicht perfekt funktioniert, komme ich einfach schneller zu dem Punkt zurück, wo ich mich freue, dass ich das machen kann, was ich tue. Das ist doch supergeil. Ich verspüre derzeit positiven Stress und daran hält man sich fest und schöpft sehr viel Kraft. Allein schon die Facebook-Nachrichten und E-Mails von Menschen, die sich meinem Sound verbunden fühlen. Sie geben teilweise ihre tiefsten Gefühle und Lebensgeschichten preis und wenn ich so etwas lese, dann kann ich schon auch mal über Kleinigkeiten hinwegsehen. Nicht immer, aber immer öfter. (lacht)

"Krone": Das Musikgeschäft kann auch ein ziemliches Haifischbecken sein. War da nach dem Misserfolg nach deinem ersten Album nicht die Überlegung, daraus flüchten zu wollen?
Feser: Da hast du schon recht, gerade als Künstler ist es nicht immer leicht und man braucht einen guten Background. Darauf konnte ich zum Glück immer bauen. Ich habe jetzt ein Team um mich, das mir sehr wohlwollend gesinnt ist und mich so forciert, wie ich bin. Ich habe früher viele Menschen kennengelernt, die nicht das aus mir rausholen wollten, was in mir ist. Sie haben mich eher zurückgehalten und mir mein Selbstwertgefühl genommen. Ich bin auch sensibel und das machte alles schwierig für mich. Das Album läuft schon ganz toll, aber natürlich darf man dadurch nicht die Bodenhaftung verlieren. Es kann jederzeit wieder anders laufen und ich weiß mittlerweile schon, dass es sich hier um das Showgeschäft und nicht die Showfreundschaft handelt. Das muss man immer im Hinterkopf behalten.

"Krone": Dadurch kannst du auch eventuellen schwierigen Zeiten beruhigter entgegenblicken.
Feser: Mit 34 ist man schon etwas reifer und weiß, dass man selbst aktiv werden muss, wenn es eng wird. Auch wenn es in eine andere Richtung geht. Die Musik gibt man ohnehin nie auf. Es ist sehr toll, was ich derzeit erleben darf, aber ich versuche den Moment mitzunehmen. Ich lasse die Zukunft momentan Zukunft sein. Jetzt kommt es drauf an, ob die Leute das wollen und annehmen. Wenn nicht, wird es aber auch einen weiteren Weg geben. Ich habe das ja schon lange so gemacht. (lacht)

"Krone": Zum Erfolg gehört auch ein Quäntchen Glück, so nennt sich auch ein Song auf dem Album. Auf "Glück" geht es aber darum, dass man es im richtigen Moment nicht festhält.
Feser: Man nimmt Glück im richtigen Moment oft nicht wahr. Das ist so eine Art Schicksal vieler Menschen. Diese Rastlosigkeit, das permanente Leben und Denken in der Zukunft, ohne den Moment zu genießen, der oft sehr schön ist. Ich habe das in meinem Leben auch oft so gehandhabt. Ich bin früher oft der Zukunft hinterhergerannt und habe manchmal den Moment verpasst. Rückblickend gesehen waren viele Momente ganz toll, ohne dass ich sie richtig inhaliert habe. Der Song sollte dazu ermutigen, dass man ein bisschen mehr innehält und loslässt. Manchmal kann man das Leben nicht kontrollieren, da muss man es auf sich zukommen lassen.

"Krone": Ein interessanter Song ist auch "Peter Pan" mit der Textpassage "das ist der Plan, Mädchen und im Herzen Peter Pan". Willst du damit ausdrücken, dass du deine Kindheit nicht aufgeben möchtest?
Feser: Ja, ich bin glaube ich im Herzen noch immer total Kind. (lacht) Peter Pan ist so eine Gallionsfigur und steht für das ewige Jungbleiben und seelische Kindsein. Ich bin sehr spät in die Pubertät gekommen und habe erst sehr spät von meinem kindlichen Dasein losgelassen. Ich glaube, das habe ich mir noch ein bisschen bewahrt. Neben meiner rationellen Vorgangsweise kann ich mich über Sachen kaputtlachen, wo andere die Augen rollen würden. Es ist gut, eine gewisse Leichtigkeit in seinell sehr bitter. Das wollte ich niemals sein. Ich finde es gut, wenn man sowohl eine Melancholie als auch eine gewisse Leichtigkeit in sich trägt.

"Krone": In der trockenen Realität ist das Bewahren der Kindlichkeit aber nicht immer leicht.
Feser: Das stimmt schon, aber wenn die Ankerpunkte, also die Menschen um dich herum, richtig sind, dann erinnerst du dich sehr gut an frühere Zeiten. Ich habe das Glück, eine tolle Familie und tolle Freunde zu haben, und wenn ich mal harte Zeiten zu durchtauchen haben, holen sie mich auf den Boden der Realität zurück. Sie hinterfragen dann auch, warum ich dieses oder jenes mache, und das ist schön, denn dann bist du wieder geerdeter.

"Krone": Deine Liebe zur Musik stammt von deinem Großvater.
Feser: Ja, er war meine große Inspiration und er war auch der Einzige in meiner Familie, der wirklich musikalisch war. Wobei ich mit meiner Mutter früher auch gerne Songs wie "Country Roads" zweistimmig gesungen habe. (lacht) Mein Opa war Jazzpianist und ist durch die New Yorker Clubs gezogen. Als er seine Familie in Deutschland besuchen wollte, durfte er aber nicht mehr zurück, weil er in den Krieg ziehen musste. In den USA hat man das nicht so mitbekommen, was hier los war. Das war einerseits traurig, aber andererseits ein Glücksmoment, weil er meine Oma kennenlernte und ich hier sonst nicht sitzen würde. Er hat mit Musikern wie Gershwin oder Brubeck gespielt und ich habe mich in der Garderobe versteckt, als alle feierten und tranken. Ich sollte ja schon längst im Bett sein. Das hat mich aber nachhaltig geprägt. Dann kam noch der Schlüsselmoment mit Prince. Als ich ihn im TV sah, war es um mich geschehen.

"Krone": Prince ist ja dein allergrößter Held.
Feser: (lacht) Total. Ich kenne niemanden sonst, der so viele Talente in einer Person vereint. Er ist ein Wahnsinnsmusiker, -gitarrist, -sänger und -songschreiber. Obwohl er so klein ist, hat er eine wahnsinnige Power und ich bewundere seine Energie. Außerdem erfindet er sich immer neu und in den iTunes-Charts sind wir gerade immer so nebeneinander. (lacht) Das ist ja die größte Freude überhaupt für mich.

"Krone": Würdest du für eine Teilnahme in Prince' Band eigentlich deine Solokarriere auf Eis legen?
Feser: (lacht) Ich müsste jedenfalls darüber nachdenken. Ich glaube aber nicht, dass ich dort qualitativ mithalten könnte, denn er sucht ja immer die besten aus. Dürfte ich mit ihm auf einem Album zusammen singen, dann sofort.

"Krone": Dich vergleicht man dafür gerne und oft mit Herbert Grönemeyer. Ärgert oder ehrt dich das?
Feser: Es ehrt mich total, denn er ist einer der größten und tollsten deutschen Songschreiber. Ich bin immer noch perplex darüber, dass meine Sachen Ähnlichkeiten mit seinen haben könnten. Ich sehe es absolut als Kompliment, denn dieser Mensch hat die Messlatte seit vielen Jahren sehr hoch gelegt. Außer Udo Lindenberg oder Xavier Naidoo kommt da auch keiner drüber. Es gibt wohl schlechtere Vergleiche oder? (lacht) Ich persönlich höre relativ wenig deutschsprachige Musik, aber das liegt wohl daran, dass ich mich nicht beeinflussen lassen möchte. Der Vergleich bedeutet im Endeffekt, dass alles, was ich mache, sehr ehrlich und authentisch ist.

"Krone": Von dir stammt das Zitat: "Die Wahrheit ist lauter als 100 Rammstein-Konzerte." Was bedeutet das genau?
Feser: Wenn man etwas Authentisches sagt und eine Botschaft wiedergibt, dann muss sie nicht immer laut sein. Es ist so, als ob jemand in einen Raum geht und flüstert, aber trotzdem hört ihm jeder zu, weil es Hand und Fuß hat, was er sagt. Ich würde nicht sagen, dass ich leise bin, aber trotzdem gehe ich recht schlicht vor. Ich verpacke die großen Symbole und Bilder in einer Schlichtheit des Textes. Hymnisch und pathetisch sind bei mir nur die Melodien, aber niemals der Text.

"Krone": Dir ist es auch wichtig, in deinen Texten stets die Wahrheit wiederzugeben?
Feser: Genau, es sind alles Geschichten, Situationen, Gefühle und Stimmungen aus meinem Leben. Ich mache manchmal auch aus Wunden Weisheiten. Ich therapiere mich in gewisser Weise damit selbst. Die drei Jahre Arbeit an dem Album waren nötig, denn innerhalb von kürzester Zeit hätte ich das nicht machen können. Du bist ja auch nicht jeden Tag kreativ.

"Krone": Natürlich noch die obligatorische Frage zum Abschluss – wann kommst du für eine Tour nach Österreich?
Feser: Ich hoffe sehr, dass das bald passiert und ich Steve mitnehmen kann, denn er vermisst Wien schon so stark. Ich würde ihm das gerne ermöglichen. In Berlin ist er so ein Eigenbrödler und wenn ich schon mal nach Wien oder Österreich gesamt komme, dann muss er einfach dabei sein und die Fahne schwenken. Er ist ja noch immer kein deutscher Staatsbürger, auch wenn er seit seinem neunten Lebensjahr in Berlin lebt. (lacht) Ich möchte wirklich sehr gerne hierher, denn ich habe bislang ausschließlich extrem nette Menschen kennengelernt. Ich liebe diese Art und Weise, die Mentalität von den Österreichern. Natürlich müssen die Leute dafür meine Musik annehmen und wenn das der Fall ist, dann komme ich ganz schnell zu euch.

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