Katias Kolumne

Antisemitische Verhetzung vs. Freiheit der Kunst

Musik
18.04.2018 12:03

Einmal im Jahr werden mit dem deutschen Musikpreis Echo Musiker geehrt, die entweder durch Verkaufszahlen oder durch hohe Chartplatzierungen ihrer Platten auf sich aufmerksam machen konnten. Neben Schmusesänger Ed Sheeran, den schon etwas in die Jahre gekommenen Toten Hosen und Schlagerkönigin Helene Fischer gewann dieses Jahr auch ein umstrittenes Duo den prestigeträchtigen Preis: Islam-Konvertit Kollegah und der aus Marokko stammende Farid Bang, zwei sogenannte Battle-Rapper, gewannen je eine Echo-Statue in der Kategorie Hip-Hop.

(Bild: kmm)

Frauen, Homosexuelle, Juden, Opfer von Gewaltverbrechen, Behinderte und Transvestiten stellen einen kleinen Auszug der Personengruppen dar, die in den Texten der beiden selbst ernannten „Gangster-Rapper“ verhöhnt, bedroht und/oder beflegelt werden. Den einen möchte man gerne ein „Butterfly reinrammen“, die anderen vergewaltigen oder abstechen. Verherrlicht werden „Massaker“ im Allgemeinen, der Amoklauf in der Columbine High School, Missbrauch von Minderjährigen, der Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“, Sturmgewehre und vor allem die egozentrischen Rapper selbst.

So heißt es unter dem Deckmantel der Freiheit der Kunst in den Texten der Neo-Preisträger poetisch: „Ich bring Schusswaffengeräusche wie die Schutzstaffel der Deutschen“ oder „Mein Körper ist definierter als von Auschwitzinsassen“. Für Aufregung sorgte, dass die Verfasser dieser antisemitischen und geschmacklosen Zeilen ausgerechnet an jenem Tag für ihr umstrittenes Werk ausgezeichnet wurden, an dem vor allem in Israel der über sechs Millionen Opfer des Holocaust gedacht wurde.

Geld frisst Moral
Für strittige Fälle hat der deutsche Musikpreis Echo einen eigenen Ethikrat installiert, der prüfen soll, ob etwaige Gründe gegen eine Nominierung sprechen. Im Fall der den Holocaust verhöhnenden Texte von Kollegah und Farid Bang sei die künstlerische Freiheit jedoch „nicht so wesentlich übertreten“, schließlich bringen derartig billige Provokationen Einschaltquoten und somit Geld - Moral hin oder her.

Dabei sollte wohl klar sein: Geschmacklose Liederbücher von Kellernazis und antisemitischer Messerstecher-Rap von Hinterhofmoschee-Brüdern wie Kollegah oder Farid Bang ist ähnlich verwerflich und gefährlich, künstlerische Freiheit hin oder her. Während nun vom Echo-Beirat darüber sinniert wird, was Kunst alles darf oder ob ein „Ich stech dich ab“ in einem Liedertext ernst zu nehmen oder nur ein provokantes Stilmittel ist, hören Millionen von Kindern und Jugendlichen genau diese Rap-Zeilen, besuchen Konzerte und wollen solche Gangster sein, wie die in den Texten ihrer Idole.

Genau jene, die bei diesen Texten ernsthaft Kunst sehen, mögen dann bitte aber ihre floskelhaften Beileidsbekundungen und ihre falschen Krokodilstränen bei der nächsten Messerattacke sein lassen und sich ihre Larmoyanz über die Verrohung unserer Jugend sparen. Das Anrecht auf den moralischen Zeigefinger ist für die Verteidiger von derartigen Verhetzungen verwirkt.

Katia Wagner moderiert am Mittwoch auf krone.at erstmals unsere neue Talk-Livesendung #brennpunkt. Ab 19 Uhr diskutiert sie unter anderem mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und SPÖ-Chef Christian Kern zum Thema „Law & Order - Zu viel von der neuen Regierung?“. Sie können während der Sendung über Twitter unter #brennpunkt Ihre persönlichen Fragen zum aktuellen Thema posten, die wir dann live mit den Gästen debattieren.

Katia Wagner, Kronen Zeitung

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