Das freie Wort

Coronavirus und Globalisierung

Im letzten Jahrzehnt bestand die Leitlinie unserer Wirtschaftspolitik darin, dass ein ständiges Wirtschaftswachstum angestrebt wurde. Das sei nur mit einer totalen Globalisierung erreichbar, und deshalb war man auch in der EU bestrebt, möglichst viele weltumspannende Handelsverträge abzuschließen. Die Belange der Umwelt und der menschenwürdigen Arbeitsbedingungen wurden dabei in den Hintergrund gedrängt. In unserem Land waren/sind die primären Verfechter dieser Linie in der Industriellenvereinigung, der Wirtschaftskammer und auch in der Landwirtschaftskammer anzutreffen. Jetzt scheint dieses System der schrankenlosen Ausbeutung unserer Naturressourcen an seinen Grenzen angelangt zu sein. Das Coronavirus, das in der Weltwirtschaftsmacht China ausgebrochen ist, erschüttert unsere Weltordnung. Die globalen Warenströme kommen zum Erliegen, die unbeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen wird drastisch eingeschränkt, die medizinische Versorgung ist an ihre Grenzen gekommen. Niemand weiß genau, was wir in Zukunft noch an Einschränkungen zu erwarten haben. Wir sollten daraus als kleines Land unsere Lehren ziehen. Auf dem Agrarsektor sollten wir primär danach trachten, dass die Eigenversorgung unseres Landes mit Grundnahrungsmitteln gegeben ist. Kleinere, umweltfreundlich produzierende Unternehmen müssen entsprechend gefördert werden. Im Gesundheitswesen müssen wir die große Abhängigkeit von den Pharmariesen beseitigen. In letzter Zeit ist es bei etlichen Medikamenten bereits zu Versorgungsschwierigkeiten gekommen. Die Tausenden von Lobbyisten in Brüssel haben erreicht, dass den großen Konzernen zu viele Vorteile eingeräumt wurden. Sie wurden, was die Besteuerung ihrer Einkünfte betrifft, oder im Hinblick auf gewährte Förderungen, zu Unrecht krass bevorzugt. Das ist auch mit eine Ursache der ungerechten Einkommensverteilung. Die grenzenlose Globalisierung und das unbeschränkte Wirtschaftswachstum sind eine krasse Fehlentwicklung. Wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung, die kleine und mittlere, umweltfreundliche Produzenten in den Vordergrund stellt. Das Coronavirus, das wir hoffentlich bald in den Griff bekommen werden, soll uns diesbezüglich eine Lehre sein.

Dr. Horst Filzwieser, Bruck a.d. Mur

Erschienen am Sa, 21.3.2020

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