Gewalt und Angst

Overclocked

Spiele
30.12.2007 00:32
Seit seiner Arbeit als US-Army-Psychiater wird David McNamara von cholerischen Ausbrüchen heimgesucht. In einem forensischen Hospital soll er sich nun fünf jungen Menschen widmen, die verängstigt und ohne Gedächtnis in New York aufgefunden worden sind.

Grausige Schreie gellen durch die düstere Anstalt, als David McNamara mit einigen Tagen Verspätung auf Staten Island eintrifft. Der Leiter der Psychiatrie, Dr. Young, ist über sein Kommen nicht gerade erfreut - da soll ein jüngerer Kollege ihm, dem ehemals berühmten Spezialisten auf dem Gebiet der Aggressionsforschung, den Rang ablaufen? Dementsprechend spärlich sind die Informationen, die Dr. Young an seinen Kollegen - der noch dazu gerade mitten in einer ausgewachsenen Ehekrise steckt und von Alpträumen geplagt wird - weitergibt.

Klar ist: In New York sind fünf junge Leute gefunden worden, im Alter zwischen 18 und 20 Jahren. In zerschundenen billigen Kleidern wurden sie orientierungslos und mit einer Pistole in der Hand aufgegriffen, sie erinnern sich weder an ihre Namen noch wie sie zu ihrem Fundort gelangt sind. Anfangs starren sie nur mit leeren Augen in ihre düstere, trostlose Zelle. Unterbrochen wird die geisterhafte Stille von verzweifelten Schreien...

Nun ist David am Zug - doch wo beginnen? Zum Glück steht ihm Detective Moretti von der New Yorker Polizei zur Seite und versorgt ihn immer wieder mit nützlichen Hinweisen. Schließlich gelingt der erste Kontakt mit einem der Unbekannten. Der Junge erzählt von seiner Flucht aus einem Tunnel, er wird gejagt, muss sich befreien, klettert in letzter Sekunde über ein leeres Ölfass in die Freiheit und rettet sich durch den Sprung in ein Boot vor durch die Nacht peitschenden Schüssen. Wer ihn verfolgt, weiß er nicht, und auch die Stunden vor sener Flucht bleiben vorerst im Dunkeln. Also lässt David ihn verschnaufen und widmet sich dem nächsten geplagten Patienten.

Die Rückblenden sind die große Stärke von "Overclocked", denn ähnlich wie zum Beispiel beim denkwürdigen Kinofilm Memento, erzählen sie die Geschichte von hinten nach vorne und erst langsam wird klar: Alle fünf waren zusammen auf einem offenbar verlassenen Militärgelände, und sie kamen nicht gerade gut miteinander und ihrer Situation klar. Regierungsverschwörung oder Medikamententest - alles ist möglich.

Während der Gedächtnissequenzen übernimmt der Spieler die Rolle des jeweils Erzählenden. Dabei sind meist mehrere kleine Rätsel hintereinander zu lösen und Gegenstände zu kombinieren. Auch logische Aufgaben wie die Entschlüsselung eines Zettels, der die Kombination eines Türschlosses verrät, sind eingebaut. Nach der Hypnose beginnt die Reise in die Erinnerungen: Der Jugendliche begibt sich geistig zurück an einen Ort und erinnert sich daran, was er dort erledigen wollte. Der blonde, aggressive Junge etwa, der bereits beinahe eine Pflegerin und David erwürgt hätte, erlebt noch einmal in Gedanken seine Flucht - ein massives Eisentor hält ihn jedoch davon ab.

Also wird erstmal die Umgebung untersucht, dabei werden nützliche Orte und Gegenstände beim Darüberfahren mit der Maus angezeigt. Im unten eingeblendeten Inventar können sie kombiniert werden. Also schneidet sich der Blondschopf einen Schlauch zurecht und füllt damit eine zuvor eingesackte Flasche sowie einen Kanister mit Benzin. Das wird in ein Fass vor dem Tor umgefüllt und die Flasche mit einer Fahne zum Molotov-Cocktail umfunktioniert. Noch flugs eine alte Autobatterie als Zünder benützt und schon gelingt dank einer gewaltigen Explosion die Flucht.

Nach jeder erfolgreich absolvierten Gedächtnissequenz kehrt der Spieler in die Rolle des Psychiaters zurück. Die Aufzeichnungen der Gespräche werden auf dem PDA gespeichert - oft gelingt durch das Vorspielen ebendieser der Zugang zum nächsten Patienten.

David McNamara taucht immer weiter ein in die geheimnisvollen Geschehnisse, die die fünf jungen Leute verfolgen, erst nach und nach entwirrt er die vagen Erinnerungen und gelangt näher an den Ursprung ihrer Angst. Ganz nebenbei muss er sich noch um seine eigenen Aggressionsprobleme, Alpträume und Eheprobleme kümmern. Das seit Tagen anhaltende Gewitter passt dabei perfekt zur beklemmenden Stimmung, die das Spiel und die Protagonisten umweht...

Fazit: "Overclocked" ist spannend, gerade weil die Geschichte erst langsam in Fahrt kommt. Leider sind Teile davon vorhersehbar, auch die zu einfach geratenen Rätsel sowie der starr lineare Aufbau und die nicht immer gelungene Umsetzung der 3D-Welt (etwa die ausdruckslosen Gesichter) haben Steigerungspotenzial. Trotz dieser Mankos weiß "Overclocked" zu überzeugen, was das Spiel den überaus gelungenen Charakteren, der wendungsreichen Story voller Dramatik und Atmosphäre sowie dem guten Spielfluss zu verdanken hat.

Plattform: PC
Publisher: dtp/anaconda
Krone.at-Wertung: 85%


Von Bernadette Geißler
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