Nach KFC-Shitstorm

Kind rausgeworfen: Familie unter Betrugsverdacht

Ausland
24.06.2014 19:50
Die Geschichte eines dreijährigen Mädchens, das im US-Bundesstaat Mississippi wegen "störender Narben" im Gesicht aus einer Filiale der Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken geworfen worden sein soll, ist in der Vorwoche um die Welt gegangen. Doch jetzt scheint sich der Vorfall, der KFC einen wahren Shitstorm bescherte und der Familie der Kleinen rund 135.000 US-Dollar an Spenden einbrachte, immer mehr als Betrugsversuch zu entpuppen. Recherchen einer Lokalzeitung brachten zahlreiche Ungereimtheiten in der Darstellung von Victorias Familie zutage.

Als die drei Jahre alte Victoria Wilcher Mitte Mai nach einem Arztbesuch von der Großmutter in eine Filiale von Kentucky Fried Chicken eingeladen worden sei, soll das Aussehen der Kleinen - sie hat nach einer Hundeattacke mehrere Narben im Gesicht und trägt eine Augenbinde - Verstörung bei den anderen Gästen des Lokals ausgelöst haben (siehe Story in der Infobox). Ein Mitarbeiter der Fastfood-Kette soll zur Großmutter mit Verweis auf ihr Enkelkind gesagt haben: "Wir müssen Sie auffordern, das Lokal zu verlassen, weil ihr Gesicht unsere Kunden stört."

Die Familie des Mädchens machte den angeblichen Vorfall im Juni auf einer eigens eingerichteten Facebook-Seite publik, die Geschichte ging um die Welt. Mit einem massiven Shitstorm konfrontiert, stellte Kentucky Fried Chicken den Wilchers als Entschädigung 30.000 US-Dollar für Victorias medizinische Betreuung in Aussicht.

Nachforschungen mit ernüchterndem Ergebnis
Das Happy End schien also bereits geschrieben, bis Reporter der Lokalzeitung "Laurel Leader-Call" und ein von der Fastfood-Kette engagierter Mediator weitere Nachforschungen anstellten. Fazit der Recherchen, die am Montag von dem Blatt auch online veröffentlicht wurden: Es gibt keinen stichfesten Beweis für den Restaurantbesuch, die Wilchers dürften den Vorfall schlichtweg erfunden haben.

Demnach gab es in keiner der zwei infrage kommenden KFC-Filialen in der Ortschaft Jackson Videoaufzeichnungen, die den Besuch der Dreijährigen belegen würden. Zudem habe man die bei dem angeblichen Restaurantbesuch getätigte Bestellung der Familie (Eistee und Kartoffelpüree) in dieser Kombination an dem betreffenden Tag nicht aufgenommen, heißt es in dem Zeitungsbericht weiter.

KFC-Mitarbeiter: "Niemals Kunden aus Lokal geschickt"
Damit noch nicht genug, beteuerte auch das Personal der beiden Filialen (beide in der Nähe des örtlichen Krankenhauses, wo Victoria behandelt wird; Anm.), niemals Kunden aus dem Lokal geschickt zu haben. Man habe in der Vergangenheit zahlreiche Patienten des Spitals mit Verletzungen unterschiedlich schweren Grades zu den Gästen gezählt, wird der mit dem Fall betraute Mediator im "Laurel Leader-Call" zitiert. "Wir haben schon Gäste mit Schusswunden im Gesicht gehabt. Wir hatten sie mit Schläuchen und Drähten im Körper. Wir haben niemals jemanden dazu aufgefordert, unser Restaurant zu verlassen", erklärte ein namentlich nicht genannter KFC-Mitarbeiter.

Der Online-Spendenaufruf für die kleine Victoria war bereits am 28. April, zwei Wochen nach der brutalen Hundeattacke, erstellt worden. Lukriert wurden mit dem Aufruf allerdings zunächst nur knapp 600 US-Dollar - was sich jedoch schlagartig änderte, als die Geschichte von dem Lokalrauswurf mit der anklagenden Frage "Fürchten Sie sich vor diesem Gesicht?" dann Mitte Juni von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde.

Während die Familie des Mädchens seither mehr als 100.000 Dollar an Spenden sammeln konnte, sahen sich die Angestellten von KFC in Jackson mit Todesdrohungen konfrontiert. Getränke seien ihnen durch das Fenster des Drive-Thru-Schalters zurückgeschleudert worden, viele hätten sich tagelang nicht getraut, den Weg in die Arbeit in ihrer Arbeitskleidung zurückzulegen, heißt es in den Bericht der Lokalzeitung.

Die Verantwortlichen bei KFC zeigten sich in ersten Reaktionen auf den Bericht der Lokalzeitung über die Betrugsvorwürfe zurückhaltend - man wolle zunächst das offizielle Ergebnis der Ermittlungen abwarten. Die 30.000 Dollar wolle das Unternehmen dem Mädchen jedenfalls weiterhin spenden, erklärte ein Sprecher - auch wenn sich am Ende herausstellen sollte, dass sich der Lokalrauswurf nie ereignet hat.

Betrug oder nicht: Victoria bleibt das Opfer einer Hundeattacke
Eines steht aber letztlich fest: Auch wenn die Wilchers den Rauswurf aus dem Restaurant tatsächlich erfunden haben sollten, bleibt die dreijährige Victoria das Opfer einer Hundeattacke. Um ihre vollständige Genesung zu gewährleisten, müssen die Wilchers Zehntausende Dollar an Arztkosten bezahlen. Das von KFC zugesagte Geld gehe nicht an die Familie, es gehe an Victoria, stellte der Anwalt ihrer Großmutter gegenüber der Lokalzeitung klar.

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