Seit der Marktzulassung der sogenannten Abnehmspritzen kommen immer mehr positive Nebeneffekte einer solchen Behandlung ans Tageslicht. Nun sprechen österreichische Lungenärzte gar von einer „neuen Ära“ in der Schlafmedizin im Zusammenhang mit Schlafapnoe.
Die sogenannten Abnehmspritzen wie Semaglutid (Ozempic) und Tirzepatid (Mounjaro) könnten indirekt und möglicherweise auch direkt gegen gefährliches Schnarchen und Atemaussetzer im Schlaf helfen. Das war eines der Schwerpunktthemen zum Auftakt der dreitägigen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), die am Donnerstag in Linz begann.
Viele Österreicher leiden darunter
Rund 700.000 Menschen in Österreich leiden an obstruktiver Schlafapnoe (OSA) – also an wiederkehrenden Atemaussetzern während des Schlafs. Hauptursachen sind Übergewicht und das Erschlaffen der Zungen- und Rachenmuskulatur, wie die Fachgesellschaft in einer Aussendung erklärte.
Die Folgen sind gravierend: Sauerstoffmangel, massive Tagesmüdigkeit, Bluthochdruck und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bisher galt die nächtliche Überdruckmaske (CPAP) als Standardtherapie – doch viele Betroffene empfinden sie als unangenehm und setzen sie nicht regelmäßig ein.
Nun könnten gleich zwei neue Therapieansätze frischen Wind in die Behandlung bringen: die Abnehmspritze und die sogenannte Anti-Schnarch-Pille. „Wir erleben gerade den Beginn einer neuen Ära der personalisierten Schlafmedizin“, sagte Lukasz Antoniewicz, Leiter der ÖGP-Expertengruppe für schlafbezogene Atmungsstörungen.
Aussetzer um mehr als die Hälfte reduziert
Bei der Abnehmspritze spielt das Gewicht eine zentrale Rolle. „Die klinische Logik ist simpel: Weniger Gewicht bedeutet weniger Fettgewebe im Bereich der oberen Atemwege – und damit weniger Obstruktion“, so Antoniewicz. Studien mit Tirzepatid zeigen, dass Patientinnen und Patienten mit schwerer Schlafapnoe bis zu 20 Prozent ihres Körpergewichts verloren und ihre nächtlichen Atemaussetzer um bis zu 63 Prozent reduziert werden konnten.
Doch die Wirkung scheint über den Gewichtsverlust hinauszugehen. „Die Medikamente reduzieren offenbar auch systemische Entzündungen, die sowohl mit Fettleibigkeit als auch mit der Schlafapnoe in Zusammenhang stehen“, erklärte der Experte.
Anti-Schnarch-Pille eigentlich gegen ADHS
Auch die Anti-Schnarch-Pille, eine noch nicht zugelassene Kombination aus Atomoxetin und Oxybutynin, sorgt für Aufmerksamkeit. Sie zielt nicht auf das Gewicht, sondern direkt auf die Muskulatur im Rachenraum. „Dieser duale Ansatz stärkt die neuromuskuläre Kontrolle der oberen Atemwege“, sagte Antoniewicz. Atomoxetin ist eigentlich ein Medikament gegen ADHS, Oxybutynin wird zur Behandlung einer überaktiven Blase eingesetzt.
In Studien zeigte die Kombination, dass sie die Erschlaffung der Zungenmuskulatur im Schlaf verringerte und die Nervenaktivität im Rachenraum erhöhte – was zu einer Halbierung der Atemaussetzer führte.
Bis zur Zulassung bleibt Maske Standard
Eine Zulassung steht allerdings noch aus: Der Hersteller habe eine entsprechende Studie abgeschlossen, ein Zulassungsantrag wird in den kommenden Jahren erwartet, so die ÖGP.
Während die klassische CPAP-Maske weiterhin der Standard bleibt, könnten neue Medikamente bald eine Alternative für viele Patientinnen und Patienten bieten, die die Maske nicht tolerieren oder bei denen Übergewicht eine zentrale Rolle spielt. Für die Pneumologen ist klar: „Was mit dem Gewichtsverlust begann, könnte zu einer ganz neuen Form der Schlafmedizin führen.“
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