Max Lercher gewählt

Roter Neubeginn: Auch dorthin gehen, wo es weh tut

(Bild: Krone KREATIV/Christian Jauschowetz)

Max Lercher ist seit gestern gewählter Vorsitzender der steirischen SPÖ. Mehr als 90 Prozent der Mitglieder stimmten für ihn. In seiner Parteitagsrede spannte er den großen politischen Bogen. Die Zukunft der Sozialdemokratie entscheidet sich aber in den nächsten vier Jahren an der Basis.  

„Lebensrealitäten:“ Es ist ein Wort, das in politischen Zirkeln der Steiermark seit Monaten immer wieder für Erheiterung sorgt. Max Lercher verwendet es in quasi jeder Ansprache und in jeder Aussendung, jetzt auch auf Plakaten. In seiner Parteitagsrede thematisiert der neue steirische SPÖ-Chef diesen Umstand direkt: „Ich weiß, die Mitglieder der Regierung (aus FPÖ und ÖVP, Anm.) machen sich darüber lustig. Für sie ist es halt ein Fremdwort, für mich ein Auftrag.“ 

Klare Politik, Neuordnung der Systeme, keine Ego- und Machtspielchen: Das sind weitere Versatzstücke aus Lerchers Wortmeldungen und Reden. Am Samstag in Premstätten versuchte er, seinen Kurs deutlicher zu umreißen. Es ist ein Kurs der Mitte, wo Themen wie Sicherheit („kein Sparen bei der Polizei“), Leistung und Wirtschaft ebenso Platz haben wie kritische Töne zur Migration. 

Das klingt stark nach Bruno Kreisky. Das kann man belächeln – aber es nimmt Bezug auf die goldene Ära der österreichischen Sozialdemokratie. Ob man daran anschließen kann? Offen. Aber einen Versuch ist es wert. Lethargisch zuzusehen, wie man in der Wählergunst immer mehr an Boden verliert, kann nicht die Lösung für eine einst stolze Partei sein.

Eine vitale rote Opposition würde der steirischen Landespolitik gut tun. Lercher versprach, nicht gegen alle Vorhaben von Blau-Schwarz zu sein. Zuletzt hat er etwa verschärfte Regeln beim Betteln begrüßt. Darüber murrt ein Teil der Partei. Aber eine geschlossene Sozialdemokratie ist wohl ohnehin illusorisch. Jetzt ist entscheidend, ob man tatsächlich wieder „dorthin geht, wo es weh tut“ (Zitat Lercher), zu den Stammtischen, in die Betriebe und Online-Foren. Kurz gesagt: zu den Lebensrealitäten der Steirerinnen und Steirer.

Ich wünsche Ihnen einen schönen spätsommerlichen Sonntag!