Am Freitag erreichten zahlreiche steirische Sozialvereine folgenschwere Mails – darin die Absage zu überlebensnotwendigen Förderungen des Landes. Projekte von Gewaltschutz bis Integration stehen vor dem Aus. „Diesen Kahlschlag können wir nicht hinnehmen“, sagt Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler und fordert Gespräche.
Durch die Bank ernste Mienen blickten einem am Montagvormittag in der Beratungsstelle Zebra in Graz entgegen. Zahlreiche Vertreter von steirischen Sozialvereinen versammelten sich zur spontan einberufenen Pressekonferenz. Sie alle hatten am Freitag Absagemails für Landesförderungen erreicht – ohne Vorwarnung und mit verheerenden Auswirkungen.
„Für uns ist heute ein schwarzer Tag. Am Sonntag hat es noch geheißen, Graz hält zusammen, jetzt trifft es ausgerechnet die Organisationen, die tagtäglich für Menschen in Not da sind“, erklärt Nora Tödtling-Musenbichler, Direktorin der Caritas Steiermark. Bei der großen Hilfsorganisation wurden mitunter die Gelder für das Straßenmagazin Megaphon und das Gewaltschutzprojekt Divan gestrichen. 2,5 Millionen Euro will das Sozialressort unter der Leitung von Hannes Amesbauer (FPÖ) insgesamt einsparen.
Besonders hart trifft es die Antidiskriminierungs- und die Extremismuspräventionsstelle – beide wurden zu 90 Prozent durch Landesförderungen finanziert. „Es ist eine Art und Weise des Kahlschlags, die wir nicht erwarten konnten“, sagt Leiterin Daniela Grabovac. Mit dem Auslaufen der Förderungen am 1. Juli werde man keine Beratungsgespräche mehr führen können, keine Hass-Postings mehr aufarbeiten können – auch nicht jene, mit denen sich Opfer des Amoklaufs konfrontiert sehen.
Kündigungswelle befürchtet
„Hinter den anonymen Budgets stehen Menschen“, betont Alexandra Köck, Geschäftsführerin von Zebra. „Es wird erwartet, dass Menschen unsere Sprache können, und dann werden die Kurse gestrichen“, sagt sie im Hinblick auf ihre Integrationsprojekte. Aber es trifft längst nicht nur Migrationsprojekte. Hunderte Stellen wackeln, Tausende Klienten könnten bald ohne Versorgung sein. Etwa wurde auch bei Mafalda, Verein zur Unterstützung junger Frauen, ein Gewaltpräventionsprojekt gekürzt – obwohl der zuständige Landesrat diesen Bereich fördern wollte.
Hinter den anonymen Budgets stehen Menschen. Es wird erwartet, dass Menschen unsere Sprache können, und dann werden die Kurse gestrichen. Das widerspricht jeglicher Logik.
Alexandra Köck
Geschäftsführerin Zebra
Bild: Jauschowetz Christian
„Es trifft die Schwächsten in unserer Gesellschaft“, sagt Leiterin Marianne Baumgartner. Isop-Geschäftsführer Robert Reithofer geht noch weiter: „Es ist eine Politik der Menschenfeindlichkeit.“ Die Regierung betreibe „Hetze gegen die Menschen“. Zudem fürchte man durch die Einsparungen hohe Folgekosten. Unter dem Motto „Menschlichkeit brauchen wir!“ fordern die Vertreter nun die Landesregierung auf, Stellung zu beziehen und die Budgeteinsparungen zu überdenken.
„Integration hat kläglich versagt“
Hierfür ersuchen die Sozialvereine den Landesrat dringend um ein Gespräch. Ein Gespräch, das es vor den Absagemails, die im Übrigen ohne Erklärung eintrudelten, auch nicht gab. Außerdem bitten sie weitere betroffene Organisationen, sich via jetzt@steiermarkretten.at zu melden. Aus dem Büro von Amesbauer heißt es, man sei zu Gesprächen bereit, wenngleich den Streichungen faktenbasierte Evaluierungen zugrunde liegen würden.
„Ich kann nicht zaubern und einen Schuldenberg in Luft auflösen. Aber ich kann Prioritäten setzen – und zwar dort, wo es die Menschen in unserem Land wirklich brauchen“, sagt der Soziallandesrat. Und weiter: „Dass Migrationsvereine, die seit Jahrzehnten mit Abermillionen an Steuergeldern gefördert wurden, im Bereich der Integration kläglich versagt haben und ihre Personalkosten teilweise zu 100 Prozent auf diese Förderungen stützen, nun Abstriche hinnehmen müssen, war seit dem Eintritt der FPÖ in die Landesregierung allseits bekannt.“
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