Die Kriseninterventionsteams haben nach dem Grazer Amoklauf die Opfer und Angehörigen in ihrer ersten großen Not aufgefangen und ihnen Halt geboten. Nun müssen die Betroffenen individuelle Wege finden, um voranzuschreiten. Ein Psychologe erklärt, wie diese aussehen und worauf sie achten müssen.
Bis zu 48 Stunden nach einem traumatischen Ereignis stehen die Kriseninterventionsteams für Opfer, Angehörige und jene, die Akuthilfe benötigen, zur Verfügung. Diese Zeit ist nun abgelaufen. Wie geht es für die vielen Betroffenen jetzt weiter?
Wie einige andere bietet auch der Grazer Psychologe Alexander Tiesenhausen mit einem Kollegen für alle Betroffenen kostenlose Hilfe an. „Auch jetzt geht es für sie in erster Linie darum, emotionale Sicherheit zu schaffen. Reaktionen, auch körperlicher Art, müssen eingeordnet werden. Wichtig ist, über das Geschehene zu sprechen, Orientierung zu schaffen und langsam wieder etwas Struktur in den Tag zu bringen.“
Keine Gespräche aufzwingen
Die Opfer und Angehörigen befänden sich nun in einer Phase, in der es gelte, posttraumatischen Belastungsstörungen vorzubeugen. „Es ist jetzt wichtig, Gespräche zu führen, diese aber nicht aufzuzwingen, und den Menschen aufzuzeigen, dass es völlig okay ist, ängstlich oder wütend zu sein. Das sind normale Prozesse in unserem Körper.“
Dahin gehend sind auch Herzrasen, Alpträume, Angstzustände oder Konzentrationsschwierigkeiten völlig adäquate Reaktionen. Genauso wie – natürlich völlig unbegründete – Schuldgefühle bei direkt Betroffenen wie Eltern oder Lehrer auftreten können, im Sinne von „Was hätte ich anders machen, vorhersehen können oder erkennen müssen?“.
Alexander Tiesenhausen gibt Tipps, wie Betroffene Ruhe finden können:
Zu all diesen Übungen gibt es kostenlose Anleitungen im Internet.
Wann eine Therapie notwendig ist
„Nach zwei bis vier Wochen sollten sich diese Zustände allmählich bessern. Passiert das nicht oder verschlechtern sie sich sogar, ist eine Psycho- oder Traumatherapie ratsam“, sagt Tiesenhausen. Absolut alarmierend wird es, wenn sich Personen zurückziehen, soziale Kontakte meiden, Suizidgedanken entwickeln oder Flashbacks erleben: „Es besteht ein Unterschied, wenn ich etwas im Schlaf verarbeite oder zum Beispiel durch ein Hubschraubergeräusch oder eine Sirene plötzlich wieder mitten im Erleben bin.“ Traumatherapien kommen zum Einsatz, wenn diese Zustände mehr als vier Wochen anhalten und zu einer starken Beeinträchtigung im Alltag geführt haben.
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