






Die Sicherheit des von einem in der Kirche herabgestürzten Engel erschlagenen Firlinger, in den Himmel aufgenommen zu werden, schwindet mit der Zeit immer mehr. Im Monolog des Toten entstehen Zweifel, er bereut sein frommes Leben schließlich. Ein großartiges Stück, hervorragend gespielt von Alexander Schwab!
Von der sommerlichen Hitze des Tages gehen die Besucher der Premiere hinab in den alten Eiskeller im Gasthof Deutscher in St. Andrä. Hohe Natursteinmauern, Säulen, ein riesiger Luster, auf der Bühne ein Sessel. Das ist also der Wartesaal, das Fegefeuer. Es wird dunkel, Bühnenlicht geht an, Firlinger ist da. Freudig verkündet er: „Heute bin ich gestorben. Ein Engel hat mich geholt. Mich erschlagen. Ich war wie jeden Tag in der Kirche. Ganz in mein Gebet versunken, sitze ich auf meinem Stammplatz, da höre ich etwas über mir, ein leises Krachen und Knirschen, ich blicke nach oben, da bricht ein Sandsteinengel aus der Balustrade und fliegt mir auf den Kopf. Geschätzte zweihundert Kilo aus acht Metern Höhe. Bumms. Ich war sofort tot. Vermutlich Schädelbruch, vermutlich Hirnaustritt. Vermutlich klebt auf den Kirchenbänken mein Hirn und mein Blut. Es geht mir hervorragend. Gleich werde ich bei Gott sein. Halleluja!“
Und er wartet auf seine Himmelfahrt, war er doch stets fromm, lebte ein gottgefälliges Leben. Doch wann holt ihn Gott endlich zu sich? Während der Wartezeit rekapituliert Firlinger sein Leben. Freude und Dankbarkeit, Scham und Zorn, das Gefühl, etwas versäumt zu haben, kommen in ihm auf – und jede Gefühlsregung nimmt man Alexander Schwab ab, der Firlinger nicht spielt, sondern in den eineinhalb Stunden ist.
Heute, würde ich noch leben, ich würde nichts mehr anbrennen lassen. Würde jeden Tag den Opferstock ausräumen und ins Puff fahren, ich würde gar nicht mehr rauskommen aus den Freudenhäusern, würde begehren des Nächsten Weib, begehren des Nächsten Hab und Gut und lügen, falsche Zeugnisse geben, eins nach dem anderen, und den Sonntag nicht heiligen!
Firlinger in Norbert Silberbauers Monolog
Obwohl lediglich eine Person und ein Sessel auf der Bühne stehen, sparsam Musik und Licht eingesetzt werden, ist die Inszenierung von Peter Paul Beck keine Sekunde langweilig. Das Publikum fühlt mit Firlinger mit, lacht, hat Tränen in den Augen.
Die Tragikomödie Firlinger ist im alten Eiskeller im Gasthof Deutscher in St. Andrä 54 im Lavanttal zu sehen – Decken vorhanden, denn der Unterschied von den sommerlichen Temperaturen im Freien zu jenen im Keller ist doch überraschend groß.
Im Juni spielt Alexander Schwab den Firlinger jeweils Donnerstag und Freitag um 20.15 Uhr.
Von Juli bis Oktober lockt das Stück jeden ersten Donnerstag und Freitag um 20.15 Uhr und am 1. und 2. November gibt es zwei Sondervorstellungen um 17 Uhr.
Karten (regulär 25 Euro, für Zuschauer unter 16 Jahren 16 Euro, für Gruppen ab 20 Personen 22 Euro pro Karte) in der Stadtbücherei St. Andrä oder im Gasthof Deutscher oder unter 0677/ 620 668 12 sowie unter theaterleben@gmx.at.
Theaterdinner können vorbestellt werden unter 0664/ 1549 459. Infos: www.brueder-im-gasthof.at
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Es wird finster. Stille. Alle im Keller sind ergriffen. Zaghaft beginnt der Applaus, denn das Gesehene will noch sacken. Dann wird das Klatschen immer stärker, Standing Ovations!
Und danach hört man dort und da von den zusammenstehenden Besuchergruppen: „Ja, man darf sich nicht alles verbieten im Leben. Man muss auch genießen. Damit es uns nicht einmal so ergeht wie dem Firlinger.“
Eine sehenswerte Produktion des Vereines theaterleben St. Andrä!
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