Eingriff in Grundrecht

Sterbewillige gegen letzten Wunsch wiederbelebt

Österreich
07.05.2025 11:33

Selbstbestimmt das eigene Leben zu beenden, ist für so manchen der letzte Wunsch – so auch für eine Frau, die unter Vorliegen einer rechtsgültigen notariellen Sterbeverfügung ein letales Medikament einnahm. Doch es folgte ein Polizei- und Rettungseinsatz, bei dem versucht wurde, die Frau zu reanimieren. Der Fall wird von der Volksanwaltschaft nun zum Anlass genommen, um u.a. auf eine Schulung von Einsatzkräften für den Umgang mit assistiertem Suizid zu pochen.

Sterbehilfe ist ein emotionalisierendes und auch viel diskutiertes Thema. Und auch der erwähnte Fall bildet keine Ausnahme: Er wird im aktuellen Jahresbericht der Volksanwaltschaft geschildert. Demnach nahm eine Frau, die davor eine gültige Sterbeverfügung errichtet hatte, das von der Apotheke in diesen Fällen bereitgestellte tödliche Medikament selbst ein.

Freundin der Sterbewilligen alarmierte Einsatzkräfte
Rund eine Viertelstunde danach erschienen Polizisten, und wenig später auch Rettungssanitäter und Notarzt in der Wohnung – alarmiert von einer Freundin der Verstorbenen, von der sich die Frau vor Einnahme des Medikaments telefonisch verabschiedet hatte.

Die Einsatzkräfte schoben einen der Frau beistehenden Mann trotz dessen Verweises auf die Sterbeverfügung und des Nennens des Medikaments zur Seite und begannen Reanimationsmaßnahmen, u.a. mit einem Defibrillator. Einwände des Mannes wiesen sie zurück – es sei ihre Pflicht, Leben zu retten, und amtliche Informationen zum Sterbeverfügungsgesetz seien ihnen nicht bekannt. Die Wiederbelebungsmaßnahmen wurden fortgesetzt, bis das EKG keine Signale mehr anzeigte.

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Rechtliche Widersprüche sollten beseitigt werden, damit Einsatzkräfte die Sterbeverfügungen respektieren dürfen.

Volksanwalt Bernhard Achitz

Volksanwalt Bernhard Achitz machte in einer Aussendung den Helfern persönlich keinen Vorwurf. „Was sie brauchen, sind klare Regelungen und Informationen zum Thema Sterbeverfügungsgesetz und assistierter Suizid. Rechtliche Widersprüche sollten beseitigt werden, damit Einsatzkräfte die Sterbeverfügungen respektieren dürfen.“ So seien etwa laut Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz die Rettungsdienste verpflichtet, wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofort Erste notärztliche Hilfe zu leisten.

Vorgangsweise „sachlich ungerechtfertigt“?
Die Volksanwaltschaft hat aber „gewichtige Bedenken, ob die Vorgangsweise der Polizisten und des Notarztrettungspersonals nicht ein sachlich ungerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Sphäre sowohl der Sterbenden als auch des Mannes war“. Unter anderem verweist man auf die Regelungen zur Patientenverfügung, die an einem Rettungseinsatz beteiligte Sanitäter sowie Notärztinnen verpflichtet, in der Verfügung genannte Maßnahmen nicht durchzuführen.

Novellierung des Sterbeverfügungsgesetzes gefordert
Ebenso könne eine Sterbeverfügung für die Beurteilung des mutmaßlichen Patientenwillens herangezogen werden, auch wenn das Sterbeverfügungsgesetz das derzeit nicht ausdrücklich vorsehe. Der Zweck des Gesetzes wie auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ließen aber erkennen, dass „die freie und selbstbestimmte Errichtung und Umsetzung der Sterbeverfügung grundsätzlich auch die (für die Polizei und Rettungskräfte verbindliche) Ablehnung anschließender lebensrettender bzw. lebenserhaltender Maßnahmen beinhaltet“. Eine Novellierung des Sterbeverfügungsgesetzes hält man seitens der Volksanwaltschaft jedenfalls für geboten.

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