Einige der besten Studierendenteams Österreichs sind in der Steiermark zu Hause. Zwei davon sind wahre Überflieger: Die joanneum Aeronautics und das Aerospace Team Graz entwickeln und fertigen Flugobjekte, mit denen sie gegen die besten Universitäten der Welt antreten. Die „Krone“ hat sie besucht.
Ob Seeschwalbe oder Eisvogel: Im Hangar der FH Joanneum und in der Werkstatt der TU Graz dreht sich alles um‘s Fliegen. Während die Saison für die joanneum Aeronautics gerade zu Ende ging, freut sich das Aerospace Team Graz über die Bestätigung ihrer Teilnahme an der European Rocketry Challenge im Oktober dieses Jahres. Beide Teams gehören zu den Besten auf ihrem Feld.
Seeschwalbe auf Höhenflug
„Welcome back world champions“, steht groß auf einer Tafel im Hangar der joanneum Aeoronautics. Beim Betreten der Werkstatt ist sie nicht zu übersehen und macht sofort auf den Erfolg des Teams aufmerksam: „Das ist das erste Mal in der Teamgeschichte, dass wir den Design-Build-Fly-Wettbewerb gewonnen haben“, erzählt Johannes Pekler, der organisatorische Leiter des Studentenvereins, stolz.
Seit mittlerweile elf Jahren gibt es das Team der joanneum Aeronautics an der FH Joanneum in Graz. Jedes Jahr entwickeln Studenten des Bacherlor- und Masterstudiengangs „Luftfahrt / Aviation“ ein Modellflugzeug, mit dem sie stets im April am internationalen Design-Build-Fly-Wettbewerb (DBF) des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA) in den USA teilnehmen.
Vor knapp einem Monat machten sich erneut 24 Studenten auf den Weg nach Tucson, Arizona, um sich dort mit den besten Universitäten der Welt zu messen. Mit im Gepäck: die Seeschwalbe. So nennt das Team ihren diesjährigen Flieger, der circa 1,60 Meter lang und 1,80 Meter breit ist. „Wir wollten mit dem Namen einen Österreich-Bezug herstellen“, erklärt Pekler.
Erfolgreich durch die Luft
Beim internationalen Wettbewerb traten die joanneum Aeronautics in verschiedenen Missionen gegen rund 100 weitere Teams an. Nach einer technischen Abnahme mussten eine Bodenmission und drei Flugmissionen absolviert werden. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr das erfolgreiche Absetzten eines Testgleiters in rund 60-120 Metern Höhe. Das große Modellflugzeug hatte dafür einen kleineren Gleiter an Board, der in der Luft losgelassen wurde und danach selbstständig in einem bestimmten Bereich am Boden landen musste.
Aber nicht alles verlief für das Team wie geplant: „Die Seeschwalbe ist am vorletzten Wettbewerbstag abgestürzt. Wir haben aber als Team zusammengearbeitet und alle Energiereserven eingesetzt. Am letzten Tag sind wir alle Missionen fehlerfrei geflogen“, erzählt Pekler. Die Belohnung für den Einsatz ließ dann nicht lange auf sich warten: der erste Platz in der Gesamtwertung des DBF-Wettbewerbs.
Und jetzt? „Jetzt feiern wir erstmal diesen Erfolg“, lacht Pekler. Die Saison ist offiziell zu Ende. Eine Abschlusspräsentation und einige organisatorische Punkte stünden noch an, aber die Seeschwalbe wird in den wohlverdienten Ruhestand entlassen. „Sie bekommt einen besonderen Platz am Institut für Luftfahrt an der FH Joanneum.“ Ab Oktober wird dann wieder fleißig am neuen Modellflugzeug gearbeitet – ganz nach dem Motto: neues Team, neuer Flieger, neues Glück.
Über den Wolken
Ortswechsel: Das Studententeam in der Grazer Inffeldgasse will noch höher hinaus. „Unsere Rakete fliegt 9000 Meter hoch“, erklärt Manuel Maurer, Teamleiter des Aerospace Team Graz (ASTG). Seit 2019 bauen mittlerweile rund 100 Studierende aus den verschiedensten Studienrichtungen in der Werkstatt an der TU Graz jedes Jahr eine Rakete, um damit an der European Rocketry Challenge (EuRoC) teilzunehmen. „Natürlich studieren die meisten von uns irgendetwas Technisches wie Maschinenbau oder Elektrotechnik, aber wir hatten sogar einmal einen Medizinstudenten im Team“, erzählt Maurer.
Die Saison des ASTG dauert noch bis Oktober. Erst kürzlich bekam das Team die Bestätigung, dass sie auch in diesem Jahr wieder in Portugal abheben dürfen. Im Moment bauen die Studenten also bereits fleißig an der neuen Rakete, die im Herbst vorgestellt wird: Ispida. „Das ist die dritte Rakete, die hybrid fliegt. Darum heißt sie auch wie ein Eisvogel, der ja auch Wasser und Luft miteinander verbindet“, sagt Maurer.
Ausflug ins All
Damit die Rakete am Ende auch wieder heil am Boden ankommt, ist ein Fallschirm eingebaut: „Der wird automatisch ausgelöst. Die Regeln sagen, dass wir während dem Flug nichts steuern dürfen“, so Maurer. Dieser dauert übrigens knapp drei Minuten – 40 Sekunden bis zum Höhepunkt und etwa zwei Minuten mit dem Fallschirm zurück.
Bei der EuRoC soll Ispida aber wieder deutlich höher als ein Eisvogel fliegen. Ob das auch funktioniert, können die Studenten davor aber nicht testen: „Wir dürfen unsere Rakete in Österreich leider nicht starten lassen. Erst beim Wettbewerb in Portugal sehen wir, ob unsere Berechnungen richtig waren und die Ispida auch wirklich 9000 Meter hoch fliegt“, erklärt der Teamleiter.
Neben dem Bau der Ispida verfolgt das ASTG aber auch noch ein weiteres Projekt: In Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation, der Schwedischen nationalen Weltraumorganisation und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt forscht ein Teil der 100 Studenten an einem Satelliten, der die Polarisation von Nordlichtern messen soll.
Während die Piloten der joanneum Aeronautics also schon feiern und sich zurücklehnen können, geht es bei den Raketenbauern des Aerospace Team Graz jetzt erst richtig los. Und obwohl die beiden Teams das Fliegen verschieden umsetzen, am Ende verfolgen sie doch dasselbe Ziel: Bei den nächsten Wettbewerben wollen sie wieder zu Überfliegern werden.
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