(K)ein gutes Zeichen: In Graz wurde die Bahnhofsmission als einstige zentrale Armen-Anlaufstelle nach 34 Jahren wiederbelebt. Damit leisten die Steirer österreichweite Pionierarbeit. Der Bedarf ist größer denn je.
„Tee oder Kaffee?“, fragt Ursula Salletmaier. Zum warmen Getränk serviert die Caritas-Mitarbeiterin Montagfrüh ihrem ersten Gast ein Stück selbst gemachten Gugelhupf und ein Lächeln. Nach dem Namen wird nicht gefragt, Geld ist hier sowieso kein Thema. „Wir versuchen, das Angebot so niederschwellig wie möglich zu gestalten - in der Hoffnung, dass wir damit auch Menschen erreichen, die bisher Scheu hatten, zu uns zu kommen“, sagt Projektleiter Jakob Url.
Die Bahnhofsmission soll eine Lücke schließen. Wir hoffen, vor allem jene zu erreichen, die sich bisher damit schwer getan haben, eines unserer Angebote zu nutzen.
Projektleiter Jakob Url von der Caritas Steiermark
1990 schloss steirische Einrichtung
Dass es überhaupt notwendig wurde, die Grazer Bahnhofsmission als einstige zentrale Armen-Institution der Steiermark 34 Jahre nach ihrer Schließung wieder zu eröffnen, ist Grund zur Freude und Sorge gleichermaßen: „Aktuell ist vor allem leistbares Wohnen ein großes Problem. In der Bahnhofsmission wollen wir mit den Hilfesuchenden ins Gespräch kommen und beratend tätig werden. Egal, ob es um die Beschaffung günstiger Lebensmittel oder etwa medizinische Hilfe geht“, betonte Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler am Montag bei der Eröffnung der Einrichtung am Europaplatz 12.
„Bahnhöfe waren schon immer Schauplatz für die Dramen der jeweiligen Zeit“, rekapitulierte Vizedirektor Erich Hohl anlässlich des heurigen 100-Jahre-Jubiläums der Caritas. „Von Arbeitsmigranten über junge Frauen vom Land, die in der Stadt anno dazumal Arbeit suchten, bis hin zu Kriegsflüchtlingen - Bahnhöfe sind ein zentraler Ort der Begegnung und Hilfe.“
1924 wurde der „Steiermärkische Karitas-Verband für Wohlfahrtspflege und Fürsorge“ gegründet um Menschen in Not zu helfen. Unter www.caritas-steiermark.at/100jahre findet man einen Überblick zu den Veranstaltungen im heurigen Jubiläumsjahr.
Bahnhof Anziehungspunkt für Hilfesuchende
Anlaufstelle, Aufenthaltsort, Knotenpunkt gesellschaftlicher Hilfe - all das möchte man für die Kunden sein. „Und wenn nur Einsamkeit der Grund für den Besuch der Bahnhofsmission ist, dann soll es uns auch recht sein“, ergänzte Vizedirektorin Petra Prattes.
Die neue Einrichtung soll als Leuchtturmprojekt des heurigen Jubiläumsjahres der Caritas für vorerst 100 Tage offen halten. „Dann wird evaluiert: Konnten wir unser bestehendes Angebot damit gut ergänzen? Ist der Bedarf groß?“, sagt Tödtling-Musenbichler. Eine Weiterführung werde aber „auf jeden Fall“ schon jetzt angestrebt, positive Signale seitens der Stadtregierung und anderen Verantwortlichen gäbe es bereits.
Helfer und Sponsoren gesucht
Da die Zahl notleidender Menschen zusehends größer wird, werden übrigens Sponsoren und freiwillige Mitarbeiter dringend gesucht.
Dass sich ein Engagement lohnt, weiß Ursula Salletmaier aus jahrelanger Erfahrung: „Ich bekomme so viel von den Besuchern zurück. Deren ,Danke’ ist mein wahrer Lohn.“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.