Anlaufstelle Spital

Wenn „Unfall“ in Wirklichkeit eine Gewalttat war

Oberösterreich
20.11.2023 16:30

Blaue Flecken erzählen oft eine andere Geschichte als das Opfer: In den Spitälern der oö. Gesundheitsholding ist das Personal mit Schulungen, Gewaltschutzgruppen, eigenen Checklisten und Spurensicherungssets darauf vorbereitet, möglichen Opfern nicht nur medizinisch zur Seite zu stehen.

„Eine 20-jährige Frau ist zu uns ins Spital gekommen. Sie war mit Hämatomen und Abschürfungen übersät, hat gesagt, dass sie einen Mountainbike-Unfall hatte. Aber dem Unfallchirurgen ist das Verletzungsmuster komisch vorgekommen. Als der Arzt die Patientin darauf angesprochen hat, gab sie zu, dass ihr Ex-Freund sie zwei Tage lang in der Wohnung eingesperrt und übel malträtiert hatte“, erzählt Claudia Hoyer-Treml, Chefin des Netzwerks Gewalt-, Kinder- und Opferschutz der OÖ Gesundheitsholding (OÖG). Anlässlich der UN-Kampagne „Orange the World“ ist Gewalt gegen Frauen von 25. November bis 10. Dezember international ein Thema. 

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Die Gesundheitsholding ist mit ihren sechs Kliniken der größte heimische Gesundheitsversorger und damit für viele Gewaltopfer die erste Anlaufstelle.

Gesundheitsreferentin LH-Vize Christine Haberlander

Eigene Checkliste für Befragungen
Diese Gewaltschutzgruppen stehen Misshandlungsopfern oder Patienten, denen Gewalt angetan wurde, als speziell geschulte und ausgebildete Erstansprechpersonen zur Verfügung. Neben einem Online-Training für alle Mitarbeiter gibt es eine eigene Checkliste zum Vorgehen bei Sexual- und Gewaltdelikten sowie Spurensicherungs-Sets. Die Opfer können aber teilweise selbst entscheiden, ob sie Anzeige erstatten möchten. Allein heuer wurden in den OÖG-Kliniken rund 460 Patienten betreut, bei denen ein Verdacht auf häusliche Gewalt bestand. In den Vorjahren waren die Zahlen ähnlich hoch. Großteils sind Frauen betroffen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von „Krone“-Redakteur Christoph Gantner

(Bild: Krone KREATIV, Alexander Schwarzl, Markus Wenzel)

Den Opfern den Rücken stärken 
Ich kann mich noch genau an diesen einen Prozess erinnern, bei dem ich als junger Reporter wütend zuhörte. Eine Frau war von ihrem Partner mit einem Kabel fast totgewürgt worden, nur eine Freundin verhinderte das Finale. Der Täter saß breitbeinig mit ausgebreiteten Armen auf der Anklagebank, grinste. Er wusste, was kommt: Die Frau sagte, sie hätte sich einen Seidenschal zu stark umgebunden gehabt, deshalb die Würgemale. Das blaue Auge sei durch eine zufallende Lifttür passiert. Das Opfer war finanziell abhängig. Freispruch im Zweifel. 
So etwas sollte es nicht mehr geben. Jeder, der zusieht und schweigt, macht solche Gewalt möglich.

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