Mit Empörung reagierten Prominente in Kiew auf rassistische Schmähungen gegen die Gewinnerin der nationalen Endausscheidung, die Sängerin Gaitana (Bild). Die 32-Jährige ist Tochter einer Ukrainerin und eines Kongolesen. "Durch ihre dunkle Hautfarbe wird die Ukraine mit Afrika assoziiert werden", hatte Juri Sirotjuk von der Partei Swoboda (Freiheit) gesagt.
Die Sängerin Ruslana, die 2004 für die Ukraine den Song Contest gewonnen hatte, bezeichnete Gaitana daraufhin solidarisch als "Freundin und Schwester". Und Boxweltmeister und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko droht gar mit dem Bruch eines Bündnisses mit der Swoboda-Partei, sollte Sirotjuk die Vorwürfe nicht zurücknehmen.
"Klarer Betrug" in Weißrussland
Während im Co-Gastgeberland der Fußball-Europameisterschaft 2012 der Streit weiter schwelt, weitete sich in Weißrussland der Grand Prix gar zur Staatsaffäre aus. Bei der Endausscheidung in der Hauptstadt Minsk lag nach dem Live-Programm vor wenigen Tagen die Rockband Litesound nach einem Fachjury-Urteil klar vorne. "Dann aber gefror der Band und den Besuchern im Sportpalast das Blut", kommentierten regierungskritische Medien. Nach einer SMS-Abstimmung von Fernsehzuschauern führte plötzlich die staatstreue Sängerin Aljona Lanskaja. Ein "klarer Betrug" der Führung, die die schöne Repräsentantin nach Baku schicken wolle, tobten Experten in Minsk.
Nachdem sich in weißrussischen Internetforen, die als letzter Freiraum für Diskussionen gelten, scharfe Manipulationsvorwürfe häuften, schaltete sich Staatschef Alexander Lukaschenko ein. Es sei zu einer "unglücklichen Pattsituation" gekommen, teilte der oft als "Europas letzter Diktator" bezeichnete Präsident überraschend mit. Er kündigte die Bestrafung des Kulturministers sowie weiterer Staatsbediensteter für die peinliche Panne an. Nun solle doch Litesound statt Lanskaja, die Lukaschenko unlängst persönlich zur "Verdienten Künstlerin" ernannte, nach Aserbaidschan fahren.
Künstler in Armenien fordern Boykott
In Armenien ist offen, ob das Land einen Teilnehmer entsendet. In der Hauptstadt Eriwan fordern Künstler den Boykott des Eurovision Song Contests im verfeindeten Nachbarland. Hintergrund ist der Tod eines Grenzsoldaten, der von einem aserbaidschanischen Scharfschützen vor Kurzem getötet worden sein soll. "Wir wollen nicht in einem Land auftreten, in dem Hass auf Armenier Teil der Regierungspolitik ist", heißt es in einer Erklärung von mehr als 20 Künstlern. Armenischen Musikern ist die internationale Bühne wichtig, in den Adern von Künstlern wie Charles Aznavour und Cher fließt auch armenisches Blut.
Nach einem Krieg um die von Aserbaidschan abtrünnige Region Berg-Karabach herrscht zwischen den beiden Kaukasusstaaten aber ein brüchiger Waffenstillstand. Das öl- und gasreiche Aserbaidschan hatte wiederholt gedroht, mit Militärgewalt sein "Territorium zu befreien".
Grand Prix in Baku bristant wie kaum zuvor
Auch in der Vergangenheit gab es Versuche der Politisierung des Song Contests. Georgien scheiterte 2009 dabei, in Moskau mit einem kritischen Lied über Regierungschef Wladimir Putin anzutreten. Der Grand Prix in Baku gilt aber als brisant wie kaum zuvor. Der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew steht bei Menschenrechtlern in der Kritik, selbstherrlich zu regieren. Und Andersdenkende beklagen ein Klima des Drucks, in dem es schwer sei, seine Meinung frei zu äußern. Ell & Nikki sehen dies nicht so. Baku sei ein echter Party-Ort für den ESC, betonte das aserbaidschanische Sieger-Duo von 2011 vor Kurzem.
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