Galerie Betreiber:

„Viele Jugendliche waren noch nie im Museum“

Vorarlberg
24.07.2023 11:55

Leonie Hirn (26) und Calvin Mechora (33) betreiben gemeinsam die Galerie Sechzig in Feldkirch. Die jungen Galeristen aus Vorarlberg haben die Begeisterung für Kunst in die Wiege gelegt bekommen und sind auch privat ein Paar.

„Krone“: Was fasziniert euch an Kunst? 
Leonie Hirn: Ich kann da für uns beide sprechen. Es klingt vielleicht etwas kitschig, aber Kunst ist für uns wie die Luft zum Atmen. Wir sind sehr früh damit in Berührung gekommen und in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Kunst einen sehr hohen Stellenwert hatte. Erst später bemerkt man, dass nicht jeder so einen selbstverständlichen Zugang dazu hat wie wir. Es gibt heute viele Jugendliche, die noch nie in einem Museum waren.

Die jungen Galeristen im „Krone“- Interview (Bild: Maurice Shourot)
Die jungen Galeristen im „Krone“- Interview

Wie kann man sich deine Kindheit vorstellen? 
Für mich war es ganz normal, dass wir eine Galerie im Haus hatten. Alle zwei Monate kamen viele Leute, wir waren umgeben von Künstlern, ich war mit meinem Papa im Atelier. Nichtsdestotrotz war es nicht selbstverständlich, dass ich einmal die Galerie fortführe. Das hat man auch gar nicht von mir erwartet. Als ich Calvin während des Kunstgeschichtestudiums kennengelernt habe, wurde immer klarer, dass wir die Galerie gemeinsam weitermachen wollen. Wir sind ein gutes Team.

Ihr seid ja auch privat ein Paar. Wie funktioniert eure Zusammenarbeit? 
Uns stellt man die Frage relativ oft. Die berufliche Verbindung ist aus der Beziehung heraus gewachsen. Wir haben einen sehr ähnlichen Geschmack und ergänzen uns gut. Natürlich gibt es , wie bei jedem Paar, auch einmal Auseinandersetzungen, in der Galerie sowie privat. Bei der Arbeit hat auch jeder seinen Aufgabenbereich.

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Es klingt vielleicht etwas kitschig, aber Kunst ist wie die Luft zum atmen für uns. Wir sind sehr früh damit in Berührung gekommen.

Leonie Hirn und Calvin Mechora

Ihr seid ja sehr jung und habt die bekannte Galerie neu aufgestellt. Wurdet ihr von der Kunstszene sofort anerkannt? 
Calvin Mechora: Die Galerie hat Tradition, und man muss sein Können unter Beweis stellen. Auch wenn sie bereits einen Namen hatte, haben wir bei Null angefangen. Es ist immer noch viel Potenzial da, aber das sehen wir positiv. Wir entwickeln uns mit jeder Ausstellung weiter.

Leonie Hirn und Calvin Mechora bei einer Vernissage mit Bildhauer Peter Sandbichler 2021 (Bild: Maurice Shourot)
Leonie Hirn und Calvin Mechora bei einer Vernissage mit Bildhauer Peter Sandbichler 2021

Was sind die Herausforderungen als junger Galerist? 
Wir bekommen auch Absagen. Meist von Künstlern, die richtig starke Galerien im Rücken haben. Nicht nur Topstars, auch junge Künstler, bei denen wir Potenzial sehen. Dann werden sie von einer Galerie in London vor unserer Nase weggeschnappt. Es ist ein hart umkämpfter Markt, aber ich verstehe das. Als junger Künstler würde ich auch eher nach London oder Los Angeles zu einer großen Galerie gehen, als in Feldkirch auszustellen. Das ist ein internationales Sprungbrett.

Ist der Standort also manchmal hinderlich? 
Leonie Hirn: Er hat Vor- und Nachteile. Aber in größeren Städten ist es oft einfacher als Galerie, da eine Kunstakademie vor Ort ist und die Studenten viel ausmachen. Die jungen Leute, die sich in Vorarlberg für Kunst interessieren, ziehen auch meist weg. Kunstkenner gehen in die nächstgrößere Stadt, um Ausstellungen zu besuchen oder Werke zu kaufen. Wir leiden nicht darunter, aber es ist schade.

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Es ist ein hart umkämpfter Markt. Als junger Künstler würde ich auch eher nach London oder Los Angeles zu einer großen Galerie gehen.

Leonie Hirn und Calvin Mechora

Versucht ihr auch, „Aufklärungsarbeit“ in Sachen Kunst zu leisten? 
Calvin Mechora: Es macht Spaß, wenn eine Interaktion stattfindet. Kinder sind sehr zugänglich, was Neues angeht. Wir haben auch manchmal Schulklassen bei uns, und es ist faszinierend, welche Fragen uns die Jugendlichen stellen. Sie sind meist sehr gut vorbereitet und quetschen uns richtig aus. Wir würden es sehr begrüßen, wenn öfter junge Leute in die Galerie kommen könnten.

Wie läuft denn der Kunstmarkt? Merkt man auch hier die Krisenzeiten? 
Wenn man mit großen Namen handelt, dann ist ein Kunstwerk eine Anlage und das läuft gerade in Krisenzeiten nicht so schlecht. Es ist einfacher, ein Bild für 20 Millionen zu verkaufen als für 5000 Euro. Damit ein Künstler groß wird, braucht es starke Galerien mit den monetären Mitteln, denn Künstler werden meist zum Erfolg gepusht. 
Leonie Hirn: Aber es geht uns nicht ums Geld, sonst hätten wir schon lange aufgehört. Kunst ist unsere Leidenschaft. Es gibt Ausstellungen, die könnten besser laufen. Wir sind eben ein junges Unternehmen, das stetig wächst und man kann nicht erwarten, auf Anhieb jedes Bild zu verkaufen. Aber die Galerie wird immer besser angenommen. Eine schöne Bestätigung ist auch das Vertrauen unserer ausstellenden Künstler.

Zur Galerie

Die Galerie Sechzig in Feldkirch wurde 1989 von dem verstorbenen Rechtsanwalt, Künstler und Galeristen Gerold Hirn und seiner Frau Sabine gegründet. Bis ins Jahr 2014 fanden über 150 Ausstellungen mit internationalen, nationalen sowie regionalen zeitgenössischen Künstlern statt. Im Jahr 2018 wurde die Galerie mit einer neuen inhaltlichen Ausrichtung von Calvin Mechora in kuratorischer Zusammenarbeit mit Leonie Hirn neu gegründet. Bis 5. August ist die Ausstellung „Blurred Havens“ von Künstler Uroš Weinberger zu sehen.

Was sind denn eure nächsten Ziele mit der Galerie Sechzig, wo soll es hingehen? 
Wir möchten präsenter sein und auf mehr Kunstmessen vertreten sein. Es gibt unglaublich viele kunstinteressierte Menschen, wir müssen nur den richtigen Kanal für uns finden. Wir werden Mitte September auf der Kunstmesse POSITIONS in Berlin teilnehmen, wo wir Werke der jungen deutschen Künstlerin Marianne Thoermer präsentieren, welche wir Anfang Oktober dann auch bei uns in Feldkirch ausstellen werden.

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