Zuerst die Pandemie, dann der Ukraine-Krieg samt Energiekosten-Explosion und Inflation. Und jetzt grassiert Personalmangel. Die Gastronomie leidet weiter - und sie befindet sich im Wandel.
Fälschlicherweise wirft man Österreichs Gastronomie derzeit vor, dass in Lokalen, Wirtshäusern und Cafés ungeniert Preistreiberei betrieben werde, um sich einen goldenen Löffel zu verdienen. Tatsächlich leiden die Gastronomiebetriebe ebenso wie die Gesamtwirtschaft unter den in vielen Bereichen horrenden Preissteigerungen von Zulieferfirmen. „Die Gastronomie hat derzeit damit zu kämpfen, dass die benötigte Ware zu 38 Prozent aus hoch energieintensiven Branchen angeliefert wird“, bringt Mario Pulker, Gastonomie-Obmann der Wirtschaftskammer, die Problematik auf den Punkt. Die Teuerungen sind bei manchen Produkten schlicht und ergreifend explodiert.
So etwa kostet Tafelöl zum Frittieren mittlerweile um 200 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Die Fleischkosten sind um 50 Prozent gestiegen, und Produkte der intern „weiße Palette“ genannten Milcherzeugnisse (Obers, Käse, Joghurt, Topfen etc.) sind alleine im März um 22 Prozent nach oben geklettert. „Dazu müssen viele Restaurants und Wirtshäuser mit dem Mitarbeitermangel zurechtkommen. Von den 250.000 Branchenbeschäftigten arbeiten 40 Prozent in Teilzeitmodellen. Das heißt: Es muss zusätzliches Personal aufgenommen werden“, legt Pulker ein weiteres, oft vergessenes Problem auf den Belastungsteller.
Preissteigerungen an die Kunden nicht übertragbar
In der Folge macht sich ein „neues Wirtshaussterben“ breit. Lokalbetreiber schließen, weil sie die gestiegenen Kosten nicht in dem Ausmaß an die Gäste weitergeben können, der wirtschaftlich wäre. „Und bevor sie in den Konkurs gehen, sperren viele Wirte zu. Vor allem Miet- und Pachtbetriebe sind davon enorm betroffen“, weiß der Experte. Auch wenn Profis der Wirtschaftskammer Beratungsgespräche mit Betroffenen durchführen, ist laut Pulker heuer und im kommenden Jahr noch mit einem gewaltigen Knall zu rechnen. „Wir gehen davon aus, dass es noch viele erwischen wird. In ganz Österreich muss man leider davon ausgehen, dass über jedem zehnten Gastwirt ein Damoklesschwert schwebt.“
Gleichzeitig ist die Branche im Wandel begriffen: Wird ein Wirtshaus zugesperrt, überlebt ein neuer Betreiber meist nur dann, wenn er investiert. Das Wirtshaus wandelt sich gleichsam zum Restaurant. „Wird ein gutes Ambiente samt exzellentem Service für gehobene Qualität angeboten, kommen Gäste und neue Kunden“, so der Wirtschaftskammer-Obmann.
Riesiger Boom bei den Essenszustellern
Trotz Krise erleben indes Zustellunternehmen einen Aufschwung. Vor allem im städtischen Bereich radeln Lieferküchen im Blitztempo (+ 112%, siehe Grafik oben) aus dem wirtschaftlichen Tal. „Nur ein Inflationsstopp und das Ende des Krieges wird die Krise beenden“, so Pulker.
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