Wegen Ukraine-Bezug

Schallenberg: Russland „torpediert“ Atomvertrag

Politik
27.08.2022 13:35

Wegen einer Blockade Russlands ist die 10. UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags ohne gemeinsame Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Die russische Delegation weigerte sich, zuzustimmen, weil im Entwurfstext „große Besorgnis“ über militärische Aktivitäten rund um ukrainische Kernkraftwerke - allen voran Saporischschja - ausgedrückt wird. Zuvor scheiterten die Teilnehmer auch daran, sich auf verbindliche Fristen zum Atomwaffenabbau zu einigen. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ist über das ergebnislose Ende der vierwöchigen Konferenz enttäuscht.

Der Grund für die russische Weigerung, dem Abschlusstext zuzustimmen, sei dessen fehlende „Ausgewogenheit“, erklärte der russische Vertreter Igor Wischnewetski. So stieß er sich etwa an einem Abschnitt des Textes, in dem darauf hingewiesen wird, „die zuständigen ukrainischen Behörden infolge dieser militärischen Aktivitäten die Kontrolle über diese Anlagen verloren haben und dass diese Aktivitäten sich sehr negativ auf die Sicherheit auswirken“. Man sei daher mit dem Abschluss-Entwurf nicht einverstanden gewesen. Auch einige andere Länder stünden an der Seite Russlands, so Wischnewetski. 

Ein weiterer Vertreter Russlands beklagte, dass andere Teilnehmer die Konferenz zu einer Abrechnung mit Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine genutzt hätten, anstatt sich für atomare Abrüstung einzusetzen. Die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags hatte am 1. August in New York begonnen und dauerte vier Wochen. Nach der Erklärung Russlands legten Vertreter Dutzender anderer Teilnehmerländer dar, mit dem Schreiben einverstanden gewesen zu sein. Sie zeigten sich enttäuscht, dass es zu keiner Übereinkunft kam.

„Jetzt hat Russland den Sperrvertrag torpediert“
Frustriert ist auch Minister Schallenberg. „Am Tag nach dem Ende der Verhandlungen in New York ist leider klar, dass die Nuklearwaffenstaaten nur am Status Quo festhalten wollen“, kritisierte er das ergebnislose Ende der UNO-Konferenz. „Dabei müssten eigentlich alle Alarmsirenen schrillen“, so Schallenberg in einer Aussendung am Samstag. „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die völlig verantwortungslosen nuklearen Drohungen Russlands, allen voran das russische Roulette mit Europas größtem Atomkraftwerk Saporischschja, zeigen uns ganz klar, wie real die Gefahr einer nuklearen Katastrophe ist. Jetzt hat Russland auch noch den Sperrvertrag torpediert.“

Im Gegensatz zu den im NPT verankerten Abrüstungsverpflichtungen vergrößerten oder verbesserten alle fünf nuklear bewaffneten Staaten - USA, Frankreich, China, Großbritannien und Russland - ihre Arsenale, erklärte Schallenberg. Daneben „schreitet eine immer größere Staatengruppe, von Österreich mitangeführt, in der Umsetzung ihrer Verpflichtungen voran und verhandelte den Nuklearwaffenverbotsvertrag (TPNW), dessen erstes Vertragsstaatentreffen im Juni unter österreichischem Vorsitz in Wien stattfand“, so der Außenminister. Damit setze man „eine konkrete Maßnahme hin zu einer Welt frei von Nuklearwaffen. Und wir stellen klar, dass wir den Status Quo nicht akzeptieren.“

Andere Vertragsregeln für große Atommächte
Den 1970 in Kraft getretenen Vertrag haben bisher 191 Länder weltweit ratifiziert. Er hat die Abrüstung von Kernwaffen zum Ziel. Kritiker bemängeln aber, dass für die fünf offiziellen Atommächte USA, China, Großbritannien, Frankreich und Russland andere Regeln als für die Unterzeichner ohne Atomwaffen gelten.

Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea besitzen zwar laut der Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler (FAS, Federation of American Scientists) ebenfalls Atomwaffen, gehören aber nicht zu den Vertragsstaaten. Weltweit gab es Ende 2022 laut FAS rund 12.700 Atomwaffen-Sprengköpfe. Das ist nur ein Bruchteil der geschätzt 70.300 Waffen zum Höhepunkt der nuklearen Aufrüstung während des Kalten Kriegs im Jahr 1986.

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