„Krone“-Interview

Kogler: „Vertrauen ist da und dort angeknackst“

Politik
02.08.2022 20:30

Unsere „Krone“-Praktikanten haben Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zum Gespräch über Cannabis, den Ausstieg aus Gas und mangelndes Vertrauen gebeten.

„Krone“: Vor drei Jahren haben Sie davon gesprochen, dass Cannabis bis 2024 legalisiert wird. Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag abgelehnt. Besteht eine Chance, dass THC legal wird?
Werner Kogler: In dieser Frage haben wir es nicht nur mit dem Verfassungsgerichtshof zu tun. Auch Wissenschaft entwickelt sich stetig weiter, und es gibt immer neue Erkenntnisse. Das ist am Ende immer eine Abwägungsfrage. Aus grüner Sicht wäre es etwa sinnvoll, wenn man den medizinischen Anwendungsbereich erweitern könnte. Das könnte der nächste Schritt sein.

Sie haben 2019 eine Koalition zwischen der ÖVP und den Grünen ausgeschlossen. Haben Sie jemals den Eintritt in diese Koalition bereut?
Das Zitat, auf das Sie sich beziehen, war wohl: „Mit dieser türkisen Schnöseltruppe geht’s nicht.“ Ich habe aber auch gesagt, dass es nie zu spät zur Umkehr ist und dass wir gegebenenfalls sondieren werden. Nach der Wahl gab es zwei Wahlsieger - Grüne und ÖVP -, die zwar sehr unterschiedlich sind, aber etwas Neues gemeinsam versucht haben. In jeder Koalition braucht es Kompromisse, sie gehören zur Demokratie. Wenn ich auf die letzten beiden Jahre zurückschaue, sehe ich, dass wir als kleinerer Partner riesige Projekte durchgesetzt haben: im Klimaschutz, dass die Justiz unabhängig bleibt und gestärkt wurde, die öko-soziale Steuerreform, aber auch im Sozialbereich. Das war nicht immer alles einfach, das ist richtig. Aber wir sind ja nicht in die Regierung gegangen, um es uns einfach zu machen.

Haben Sie keine Alternative zur Koalition gesehen?
Die ÖVP hat Verhandlungen mit der FPÖ mehr oder weniger angedeutet. Die Alternative zu Türkis-Grün wäre eine andere Variante von Türkis-Blau gewesen. Am Schluss wäre es dieselbe Konstellation und dieselbe Politik wie vorher gewesen. Und das nach Ibiza. Sie würden mich dann heute fragen: Weshalb waren Sie damals so verantwortungslos und haben das zugelassen? Zu Recht!

Bis 2030 soll es in Österreich ausschließlich erneuerbaren Strom geben. Denken Sie, dass das Ziel durch die Gaskrise unrealistisch wird?
Nein, das ist gesetzlich festgeschrieben, für die Umstellung auf erneuerbaren Strom gibt es die Rahmenvorgaben und die notwendigen Förderprogramme. Das ist jetzt mehr angezeigt denn je - wir sehen ja, dass wir raus müssen aus der fossilen Abhängigkeit. Aber auch das ist richtig: Wir müssen in der Gaskrise kurzfristig pragmatisch agieren und jede Kilowattstunde für unsere Haushalte, die Industrie und Arbeitsplätze nutzen. Zum Beispiel, indem wir das Kraftwerk Mellach ertüchtigen, um es mit Kohle zu beheizen. Das ist wie die Feuerwehr: Wenn es unbedingt gebraucht wird, wird es hochgefahren. Besser, wir brauchen es nicht. Mittel- bis langfristig ist aber völlig klar: Der Weg heißt rein in die Erneuerbare Energie, nur so werden wir unabhängig und schützen das Klima.

Herr Kogler, können wir Politikern noch vertrauen?
Ich gebe Ihnen recht, das Vertrauen ist da oder dort angeknackst. Und zugegeben, in der Kommunikation gibt es sicher das ein oder andere, was man verbessern kann. Beispielsweise bei den Maßnahmen zur sozialen Abfederung der Teuerung. Im späten Frühjahr haben wir das Ganze verhandelt, Mitte Juni haben wir es öffentlich verkündet. Aber die erste Maßnahme greift erst jetzt, Anfang August. Das ist eine zeitliche Diskrepanz, die nicht sofort für alle logisch ist und wir besser hätten erklären müssen.

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