Kein Scherz

Neue Altach-Torfrau hat mehr „Fans“ als Rapid Wien

Vorarlberg
29.07.2022 06:55

Noch vor Beginn der Frauen-Europameisterschaft in England, bei dem das ÖFB-Team mit dem Viertelfinaleinzug für Furore sorgte, gelang Bundesligist SPG Altach/Vorderland ein absoluter Transfer-Coup. Mit der 23-jährigen Deutschen Charlotte „Charly“ Voll, konnten das Ländle-Team eine Torhüterin verpflichten, die in den vergangenen Saisonen bei Paris Saint-Germain unter Vertrag stand. Ihr Einstand: bombastisch!

Als die Spielgemeinschaft Altach/Vorderland am 7. Juni die Verpflichtung von Torfrau Charlotte Voll auf ihrem Instagram-Account - der damals noch keine 2000 Abonnenten hatte - publik machte, passierte etwas, dass man beim Frauen-Bundesligist so noch nicht erlebt hatte. Innerhalb kürzester Zeit hatte das Posting über 20.000 „Likes“. Zum Vergleich: Die meisten anderen Einträge auf der Seite halten bei 200 bis 300 „Gefällt mir“-Angaben.

Doch was war passiert? Mit „Charly“ Voll hat sich das Vorarlberger Aushängeschild in Sachen Frauenfußball nicht nur eine erstklassige Torfrau gesichert, die in der vergangenen Saison für Paris Saint-Germain im Champions League-Halbfinale gegen Lyon zwischen den Pfosten stand und mit den Französinnen den Cup holte. Mit der 1,78 Meter großen Deutschen kommt auch ein echtes Social Media-Phänomen ins Ländle.

„Vor einem Jahr hatte ich 40.000 Insta-Abonnenten“, verrät Voll, der auch auf TikTok bereits 60.000 User folgen. „Aber plötzlich und ohne, dass ich gezielt etwas gemacht hätte, schossen die Zahlen durch die Decke.“ Aktuell hält Charly bei 110.000 Instagram-Abonnenten. Zum Vergleich: Alle Accounts der zehn Vereine in der Frauenbundesliga zusammen haben rund 20.000 Abonnenten.

Sarah Zadrazil, die „Insta-Queen“ im ÖFB-Damenteam, bringt es auf 104.000 Abonnenten. Österreichs Herren-Rekordmeister Rapid Wien auf 103.000. Die Ländle-Olympiasieger von Peking, Hannes Strolz und Alessandro Hämmerle spielen mit ihren 27.200 bzw. 12.600 Abonnenten verglichen mit Voll auf der Social Media-Bühne in einer ganz anderen Liga.

Beste Freunde: Charlotte Voll und André Breitfuss haben oft gemeinsam geweint, aber noch viel öfters gemeinsam gelacht. (Bild: Maurice Shourot)
Beste Freunde: Charlotte Voll und André Breitfuss haben oft gemeinsam geweint, aber noch viel öfters gemeinsam gelacht.

Und ohne die sozialen Medien wäre die gebürtige Karlsruherin vermutlich nie in Vorarlberg gelandet. Denn auf Instagram lernte sie vor gut drei Jahren VfB Hohenems-Keeper André Breitfuss kennen. „Charlys Profil wurde mir vorgeschlagen, ich habe ihr dann einfach mal geschrieben“, erzählt der 25-Jährige. Anfangs tauschte man Torhüter-Videos aus, inzwischen ist eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden entstanden. „Einen so loyalen und ehrlichen Menschen wie André lernst du maximal drei-, viermal im Leben kennen“, gesteht Voll.

Charly Voll und André Breitfuss lernten sich über die sozialen Medien kennen und schätzen. (Bild: Maurice Shourot)
Charly Voll und André Breitfuss lernten sich über die sozialen Medien kennen und schätzen.

Erster Kontakt 2021
André war es auch, der den Kontakt zur SPG herstellte. „Ich kenne Sportchef Tobias Thies aus gemeinsamen Zeiten beim FC Schlins“, sagt er. „Nachdem Charly bei PSG nach der Saison 2020/21 nicht mehr happy war, stellte ich die Verbindung her.“ Aus einem Engagement wurde damals aber nichts, da Voll nach Kreuzbandverletzungen ihrer Torhüterkolleginnen bei PSG gebraucht wurde.

Charlotte „Charly“ Voll steht bei den Bundesliga-Partien der SPG Altach/Vorderland im Tor. (Bild: Maurice Shourot)
Charlotte „Charly“ Voll steht bei den Bundesliga-Partien der SPG Altach/Vorderland im Tor.

„Nachdem mein Vertrag diesen Juni auslief und wir in Kontakt geblieben waren, stand für mich früh fest, dass ich nach Altach gehen werde“, erzählt Voll. „Als mir dann auch noch meine frühere Mitspielerin beim SC Sand, Viki Pinther, nur Positives über den Klub und das Umfeld sagen konnte, war die Entscheidung klar.“

Torhüterin Charlotte Voll kam von Champions League-Halbfinalist Paris Saint-Germain zur SPG Altach/Vorderland. (Bild: Charlotte Voll/Instagram)
Torhüterin Charlotte Voll kam von Champions League-Halbfinalist Paris Saint-Germain zur SPG Altach/Vorderland.

Eine Entscheidung, die Charly bisher nicht bereut hat, auch wenn sie eine Sache überrascht: „Hier ist der Trainingsumfang größer als bei PSG. Wobei man dazusagen muss, dass die Einheiten bei einem europäischen Top-4-Klub auch auf anderem Niveau stattfinden.“

Im Interview mit der „Krone“ spricht Charly Voll über Andi Herzog, Geld im Frauenfußball und welche Klausel sie sich aus ihrem Altach-Vertrag streichen hat lassen...

„Ein Skifahr-Verbot? Das ging nicht“

Krone: Andreas Herzog sagte zuletzt: „Bei den Frauen ist Fußball noch ein Sport, eine Leidenschaft. Der Männerfußball ist ein Business. Das ist der Unterschied.“ Unterschreiben Sie das?

Charlotte Voll: Absolut. Gerade hier in Altach. Die Mädels arbeiten fast alle noch und kommen trotzdem am Abend zum Training, spielen am Wochenende und haben eigentlich so gut wie nie frei. Was da für ein Engagement, für ein Einsatz dahintersteckt. Das machst du nicht für das Geld. Das machst du, weil es deine Leidenschaft ist. Bei den Herren geht es inzwischen um richtig, richtig krasse Summen.

Krone: Wäre es dann überhaupt gut, wenn es auch bei den Frauen solche Summen gäbe?

Voll: Solche Summen sind gar nicht in unserem Interesse. Summen, die eine Wertschätzung für unsere Arbeit ausdrücken, wären aber schon ganz gut.

Krone: Sie werden hier nicht mehr verdienen als bei PSG...

Voll: Ich hätte dort wahrscheinlich das Dreifache verdienen können. Wenn ich aber unglücklich bin, hilft mir das Geld auch nichts.

Charlotte Voll (re.) und André Breitfuss (M.) im Gespräch mit „Krone Vorarlberg“-Sportchef Peter Weihs (li.). (Bild: Maurice Shourot)
Charlotte Voll (re.) und André Breitfuss (M.) im Gespräch mit „Krone Vorarlberg“-Sportchef Peter Weihs (li.).

Krone: Sonst hat der Vertrag, den Ihnen die SPG Altach/Voderland vorlegte, aber gepasst?

Voll: Bis auf die Klausel, die mir untersagt hätte, Skifahren zu gehen. Das ging nicht. Ich habe früher mit dem Skifahren begonnen, als mit dem Kicken. Und wenn ich dann in einem Land wie Vorarlberg bin, dann will ich hier auf jeden Fall auf die Piste.

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