Rechnungshofbericht

Das Millionengrab Lech-Zürs Tourismus

Vorarlberg
11.07.2025 17:00

Der Vorarlberger Landesrechnungshof hat das Gebaren der Lech-Zürs Tourismus GmbH unter die Lupe genommen. Am Freitag wurde der Prüfbericht vorgestellt – und dieser fiel desaströs aus. Obwohl sich das Gemeindeunternehmen seit Jahren in einer finanziellen Schieflage befindet, hat man aufs Sparen gepfiffen und stattdessen unter anderem Golfclubmitgliedschaften von Mitarbeitern apanagiert.

Bereits seit Längerem ist über Missstände in Zusammenhang mit der Lech-Zürs Tourismus GmbH gemunkelt worden, nun hat der Vorarlberger Landesrechnungshof diese schwarz auf weiß protokolliert. Geprüft wurden in den vergangenen Monaten die Geschäftsjahre 2019/20 bis 2022/23. Die wichtigste Erkenntnis: Die Lech-Zürs Tourismus GmbH steckt tief in den roten Zahlen, die Finanzlage sei „äußerst angespannt“. Die Gesellschaft ist überschuldet, zuletzt (2022/23) betrug der Bilanzverlust 2,4 Millionen Euro.

Wie konnte es dazu kommen? Lech-Zürs Tourismus finanziert sich zum größten Teil aus Tourismusabgaben der Gemeinde. Aufgrund der Corona-Pandemie flossen die Einnahmen nicht mehr so üppig, zudem hat bekanntlich auch die Kommune selbst aufgrund des 54 Millionen Euro teuren neuen Gemeindezentrums mit gewaltigen Schulden zu kämpfen. Doch anstatt auf einen Sparkurs umzuschwenken, stiegen die Ausgaben der Tourismus GmbH weiter an.

Füllhorn über Mitarbeiter ausgeschüttet
Ein Grund dafür war die enorme Personalfluktuation. Im Prüfungszeitraum lag diese zwischen 20 und 31 Prozent pro Jahr. Als Gründe dafür nannte der Landesrechnungshof die Pandemie, die Lage in der Peripherie, aber auch das schlechte Arbeitsklima. Anstatt den Personalstand auf ein niedrigeres Level zu senken, gab man sich bei Lech-Zürs Tourismus nun erst recht spendierfreudig: So wurde etwa mit üppigen Boni versucht, Mitarbeiter bei der Stange zu halten – unter anderem erhielten die Beschäftigten geförderte Golfclubmitgliedschaften, Skikarten sowie Zuschüsse für Kost und Logis. Selbst über Personen, die bei Veranstaltungen freiwillig mithalfen, wurde das Füllhorn ausgeschüttet – hier ein Gutschein, da ein Skipass, dort eine Vorteilskarte.

Ordentlich im Buchhaltungssystem erfasst worden sind diese Segnungen übrigens nicht, folglich kann deren Gesamtwert nur geschätzt werden – die Prüfer gehen von mindestens 15.000 Euro aus. Als Ergebnis dieser „Koste-es-was-es-wolle-Praxis“ summierten sich die jährlichen Fehlbeträge auf bis zu 1,49 Millionen Euro. 

54 Millionen Euro hat das neue zweiteilige Gemeindezentrum in Lech gekostet.
54 Millionen Euro hat das neue zweiteilige Gemeindezentrum in Lech gekostet.(Bild: Mathis Fotografie)

Geschäftsführer ließ es sich gut gehen
Hauptverantwortlich für das Desaster ist der langjährige Geschäftsführer Hermann Fercher. Dessen Vertrag wurde zwar im Oktober 2024 aufgelöst – allerdings zu Konditionen, die jeden normalen Arbeitnehmer vor Neid erblassen lassen: Rund 400.000 Euro kostete die Beendigung des Arbeitsverhältnisses letzten Endes.

Bereits während seiner Dienstzeit war Fercher von der Gemeinde regelrecht verhätschelt worden: So wurden etwa 145.400 Euro in seine angemietete Dienstwohnung investiert, allein 40.000 Euro entfielen dabei auf eine edle Tischlerküche. Weiters gewährte ihm die Kommune einen satten Treuebonus anlässlich seines zwölfjährigen Jubiläums – der Vorschlag dafür kam von Fercher selbst. Nur ein Detail, aber doch sehr aussagekräftig: Im Geschäftsjahr 2022/23 – just zu jener Zeit, als die finanzielle Schieflage den Höhepunkt erreicht hatte – gab man bei Lech-Zürs Tourismus 26.400 Euro für Bewirtungen aus, 80 Prozent davon entfielen auf Geschäftsführer Fercher.

Kontrolle? Fehlanzeige!
Stellt sich naturgemäß die Frage, warum dem Gemeindeunternehmen nicht genauer auf die Finger geschaut worden ist. Haben die Kontrollorgane versagt? Dazu hält der Landesrechnungshof nüchtern fest: „Wesentliche Punkte wie Vier-Augen-Prinzip, Funktionstrennung oder auch Kollektivzeichnungen waren nicht durchgängig umgesetzt.“ Soll heißen: Man hat es eben nicht so genau genommen. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang von den Prüfern speziell die Rolle des Tourismusbeirates: In diesem Gremium würden operative, kontrollierende und entlastende Funktionen verschmelzen, was fast zwangsläufig zu Interessenskonflikten führe. Weiters regt der Landesrechnungshof an, dass die Gemeindevertretung künftig regelmäßig über die Entwicklung der Beteiligung informiert wird. In der Vergangenheit war dies offenbar nicht der Fall.

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Ich bedanke mich für die professionelle und gewissenhafte Prüfung und insbesondere für die Formulierung klarer Empfehlungen. Wir haben jetzt gute Leitlinien zur Hand, die uns bei den laufenden Prozessen unterstützen. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir die wirtschaftlich angespannte Situation der Lech-Zürs Tourismus GmbH nachhaltig verbessern können.

Gerhard Lucian, Bürgermeister von Lech

Sowohl die Lech-Zürs Tourismus GmbH als auch die Gemeinde haben bereits zugesagt, die Empfehlungen ernst nehmen zu wollen. An der Tatkraft dürfte es allerdings noch hapern. Jedenfalls konnte sich Karin Jenny-Url, stellvertretende Direktorin des Landesrechnungshofes, bei der Vorstellung des Prüfberichts einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Die finanzielle Konsolidierung ist bisher nur zögerlich eingeleitet worden.“

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