Kasperl & Co.

In Bludenz lässt man die Puppen tanzen

Vorarlberg
24.03.2022 06:30

In Bludenz haben jüngst skurrile Persönlichkeiten Einzug gehalten - nämlich Puppen, die viele noch aus ihrer Kindheit kennen dürften. In der Puppenwerkstatt werden sie zu neuem Leben erweckt.

In der Rathausgasse in Bludenz verbirgt sich eine kleine Wunderwelt. Hinter einer unscheinbaren Tür mit der Aufschrift „Puppenwerkstatt“ eröffnet sich dem Besucher ein wahrer Mikrokosmos. Der Raum ist voll mit schrägen Gestalten und phantasievollen Wesen, dabei handelt es sich - gut verwahrt und liebevoll gepflegt - um die Kreationen von Arminio Rothstein. Der Künstler hat viele Kindheitserinnerungen geprägt, doch die meisten dürften ihn nicht unter seinem bürgerlichen Namen kennen, sondern als jene Figur, die er für das Fernsehen erfand: Als Clown Habakuk unterhielt er einst ein breites Publikum, gleichzeitig war er auch der kreative Kopf hinter dem „Kasperltheater“, zudem Puppenmacher, Puppenspieler, Drehbuchautor, Musiker und akademischer Maler.

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Puppen müssen bespielt werden. Jede von ihnen hat ihre ganz eigene Biografie, und es wäre sehr schade, wenn sie irgendwo verstauben würden

Christian Mair

Seine kreativen Schöpfungen und Geschichten dominierten lange Zeit das heimische Kinderfernsehen. 1994 verstarb Rothstein und hinterließ seiner Ehefrau Christine einen wahren Fundus an Marionetten, Stab- und Handpuppen. Es gab Anfragen von Museen, die einen Teil der geschichtsträchtigen Unikate gerne in ihrem Archiv gehabt hätten. Aber: „Puppen müssen bespielt werden. Jede von ihnen hat ihre ganz eigene Biografie, und es wäre sehr schade, wenn sie irgendwo verstauben würden“, ist Christian Mair überzeugt.

August Swoboda kümmert sich um die Restaurierung der Puppen (Bild: Rubina Bergauer)
August Swoboda kümmert sich um die Restaurierung der Puppen

Vision einer lebendigen Erlebniswelt mit Bühne
Den Vorarlberger Kabarettisten und Puppenspieler verbindet eine jahrelange Freundschaft mit Christine Rothstein. Er weiß, wie sehr ihr die handgefertigten Geschöpfe am Herzen liegen. Und ihm hat sie schließlich das Vermächtnis ihres Mannes anvertraut. Mittlerweile sind viele der Unikate in die Puppenwerkstatt nach Bludenz umgesiedelt, darunter auch bekannte „Persönlichkeiten“ wie die Gans Mimi aus der Kindersendung „Am dam des“ (1975 bis 1997).

Mairs Vision ist es, in der Rathausgasse eine Art Erlebniswelt mit Museum und Bühne einzurichten. Auf diese Weise soll das Vermächtnis von Arminio Rothstein gewürdigt werden, gleichzeitig will Mair dem Puppenspiel eine Heimat bieten. Unterstützt werden seine Pläne vonseiten der Stadt, die damit eine neue kulturelle Einrichtung erhält. „Wir wollen die Puppen wieder zum Leben erwecken“, fasst Mair sein Vorhaben zusammen.

Für die Restaurierung ins Ländle gezogen
Arminios Kreationen sind teilweise zwischen 50 und 60 Jahre alt und zeigen dementsprechende „Ermüdungserscheinungen“. Um die Restaurierung kümmert sich August Swoboda, der mit viel Fingerspitzengefühl und Herzblut an die Sache geht. „Jeder Arbeitsschritt wird vorab mit Christine Rothstein besprochen, da wir die Puppen so originalgetreu wie möglich wiederherstellen möchten“, erklärt er. Der Wiener ist für diese Aufgabe extra ins Ländle gezogen. Er ist mit derselben Begeisterung bei der Sache wie Christian Mair, sie kennen die Geschichte von jedem ihrer „Schützlinge“. Wie zum Beispiel die des schlagfertigen Schneemannes, der für einen Sketch dem berühmten Opernsänger Luciano Pavarotti mit dem Besenstiel eins aufs Haupt geben durfte. Der weltbekannte Sänger hat sich nach dem gemeinsamen Auftritt schriftlich auf der Handpuppe verewigt.

Manche der Ausstellungsstücke sind bereits weit gereist und kennen viele Bühnen dieser Welt. „Arminio Rothstein hat abseits des Fernsehens auch Puppentheater für Erwachsene gespielt - unter anderem hatte er auch Auftritte am Broadway in New York“, weiß Mair. Der Vorarlberger erzählt lebhaft von den zahlreichen Anekdoten und von seinen eigenen Erfahrungen. Seit vielen Jahren gelingt es ihm, Mädchen und Buben mit seinem Kasperltheater zu begeistern. Die Pandemie hat die Künstlerbranche jedoch schwer getroffen, und lange Zeit herrschte Zwangspause. „Als ich vor kurzem endlich wieder vor 140 Kindern in einer Liechtensteiner Schule spielen durfte, war das ein unglaubliches Gefühl“, schwärmt er.

„Die Kinder sind ernster geworden“
Mair spielt meist ohne Skript. „Natürlich gibt es ein übergeordnetes Thema, aber ich will die Freiheit haben, auf meine Zuschauer einzugehen. Es soll kein reines Vorspielen sein, sondern vielmehr ein Miteinander-Gestalten“ erklärt er. Jede Vorführung, jedes Publikum ist anders und dennoch bemerkt der Künstler eine grundsätzliche Veränderung. „Die Kinder sind ernster geworden“, sagt er. Ob das an der Coronakrise liegt oder am momentanen Zeitgeist wisse er nicht. „Aber schließlich siegt dann doch der jugendliche Enthusiasmus, und sie lassen sich von der Geschichte mitreißen.“

Fakten

Christian Mair ist derzeit als Kabarettist und Komödiant in der Rolle der Oma Lilli zu sehen („Oma Lilli - a Durchanand aus zwei Programmen“).
Termine: Mittwoch, 30. März, Kulturbühne AMBACH Götzis; Samstag, 2. April: Gemeindesaal St. Gallenkirch.
Karten-Vorverkauf: Raiffeisenbanken & Sparkassen sowie unter: www.laendleticket.com
Habakuk Puppenwerkstatt: Rathausgasse 3, Bludenz (am Montag geschlossen).
Info, Buchungen, Besichtigung unter: www.habakuk.at/puppenwerkstatt oder buchung@habakuk.at

Ein guter Puppenspieler verfügt über das Talent, komplett hinter seinen Charakteren zu verschwinden und dennoch auf Stimmungen zu reagieren. Nach den Aufführungen mischt sich Christian Mair mit seinen Puppen gerne unter das Publikum, um den Zuschauern die Akteure aus Stoff noch einmal vorzustellen. Für die Zukunft hat der heimische Künstler schon einiges geplant. Er möchte Gastspieler aus anderen Ländern einladen und die Bühne in der Puppenwerkstatt für verschiedene kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stellen. "In Zeiten wie diesen braucht es einfach wieder mehr Spiel und Freude.

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