Lokalaugenschein

Lokalaugenschein: Rentiert sich die Wintersaison?

Tirol
20.01.2022 14:00
„Krone“-Lokalaugenschein in Scheffau - Tourismus-Akteure sprechen über erfreuliche Weihnachten, das „Jännerloch“ und die Sorgen rund um die Pandemie.

Scheffau ist nicht so bekannt wie etwa Sölden, Ischgl oder Mayrhofen – doch der 1500-Einwohner-Ort am Fuße des Kaisergebirges ist an die gigantische SkiWelt Wilder Kaiser-Brixental angedockt. Die Stimmung unter den Touristikern dürfte vielfach jener in ganz Tirol entsprechen. 2000 Gästebetten zeigen, dass der Tourismus der Hauptfaktor ist und bleibt. Beim „Krone“-Besuch haben wir einige wesentliche Mitspieler des touristischen Geschehens zur bisherigen Saison, zum Ausblick und zu den Sorgen und Nöten rund um die alles bestimmende Pandemie befragt.

Besser blaues Auge als Zusperren
Beruhigend: Wirklich existenzielle Sorgen macht sich niemand - auch wenn der heurige Februar wohl kaum an einstige Nächtigungszahlen (rund 54.000) anknüpfen wird. Insgesamt erzielte der Ort vor der Pandemie rund 293.000 Übernachtungen pro Jahr. „Lieber ein blaues Auge bei den Umsätzen, als dass wir völlig zusperren müssen“, lautet der gängigste Tenor unter den Tourismus-Akteuren.

Tourengeher fangen Minus im Verleih auf
Glücklich, wer in Zeiten wie diesen nicht nur ein Standbein hat. Reinhard Told von Sport Gatt (Scheffau und Ellmau) reduzierte aufgrund geringer Gästezahlen von 700 auf rund 350 Verleihskier. Zugute kommt ihm nun, dass er sich als Spezialist für Ski- und Tourenausrüstung etabliert hat, dem kein Wehwehchen eines Kunden zu klein ist. „Der Fuß bestimmt den Schuh“, lautet sein serviceorientiertes Motto. Weil das Tourengehen boomt und er dabei nicht so sehr auf Touristen angewiesen ist, denkt er prinzipiell positiv. Bei Verleihskiern laufen die Buchungen online - „und hier merken wir derzeit, dass es für Februar viele Stornos gibt“. Wenn die Partnerhotels in Scheffau Einbußen haben, überträgt sich dies natürlich. Tolds Schätzung: „Im Verleihgeschäft wird es insgesamt 30 Prozent Minus geben.“

Nur Corona-Winter erlebt
Für 600 Gäste - aufgeteilt etwa zur Hälfte auf Terrasse und Innenbereich - ist das Bergrestaurant Brandstadl von Pächter Georg Gruber ausgelegt. Beim „Krone“-Besuch zur Mittagszeit sind zwei Drittel der Tische leer. „Gegenüber früheren Zeiten wird der Umsatz etwa 60 Prozent betragen. Zum Glück habe ich weniger eingekauft und es fuhren drei Lkw statt acht auf den Berg“, schildert Gruber. Bitter in Erinnerung ist diesbezüglich die Vorjahressaison, als man nach anfänglichen Hoffnungen letztlich Waren vernichten musste. „Allein Cola im Wert von etwa 6000 Euro“, schüttelt Gruber den Kopf. Die Mitarbeiterzahl kann er trotz geringerer Frequenz nicht dramatisch reduzieren „Es sind 24 fix Beschäftigte, vorher waren es 30.“ Bekannt ist Gruber dafür, dass er die 2-G-Kontrollen gleich beim Eingang rigoros durchführen lässt. „Das ärgert Einzelne, es muss aber leider so sein.“

Gruppen wie ein Ärztekongress bleiben aus
Die luxuriöse Kaiser Lodge dominiert das Dorfzentrum, wenn man vom Berg darauf blickt. Nach recht erfreulichen Buchungen zur Weihnachtszeit rasselt man derzeit - wie viele andere Tiroler Betriebe - ins „Jännerloch“ mit Belegungen von unter 50 Prozent. „Durch Corona bleiben auch Gruppen und Veranstaltungen aus“, erklärt Chefin Barbara Winkler. Dabei spielt sie etwa auf Ärztekongresse an, die eine Ergänzung zum restlichen Wintertourismus waren. Dass Österreich nun erneut ein Hochrisikogebiet aus Sicht Deutschlands ist, werde zusätzliche Auswirkungen haben. „Eine große Stornowelle gab es aus diesem Grund aber noch nicht“, beruhigt Winkler. Ein Pluspunkt im erst vier Jahre alten Haus mit 144 Betten ist der relativ hohe Anteil an Stammpersonal. „Viele kommen wieder, auch aus dem Ausland.“

Kinder-Quarantäne für Deutsche ist fatal
Wer seit 50 Jahren (!) eine Skischule leitet, hat alles erlebt - grasgrüne Hänge im Jänner, tagelange Stürme, aber auch eine ständige Aufwärtsentwicklung. „Corona stellt jetzt alles in den Schatten“, erzählt Gerhard Told. Weihnachten sei seine Skischule „brechend voll“ gewesen, man habe aber um ein Drittel weniger Skilehrer - rund 50 - engagiert gehabt. Katastrophal wirke sich nun aus, dass Österreich von Deutschland als Hochrisikogebiet eingestuft ist. „Daher haben wir derzeit nur 20 kleine Skifahrer, die deutschen Kinder müssen ja nach ihrer Rückkehr in Quarantäne“, weiß Told. Sorgen bereiten ihm auch, ob ausländische Studenten in den Semesterferien als Skilehrer kommen können. „Zimmer sind jedenfalls reserviert, aber alles kann sich ändern.“

Drei Busse statt früher 90
Die Bergbahn Scheffau ist ein Teil der gigantischen SkiWelt Wilder Kaiser-Brixental (insgesamt 90 Bahnen und 288 Pistenkilometern). „In den Weihnachtsferien lief es ganz gut, mit einem Beförderungsminus von rund 25 Prozent“, blickt Andreas Haselsberger, Geschäftsführer in Scheffau, zurück. Im Jänner muss man nun aber mit 50 Prozent Rückgang rechnen. Ein fehlender Faktor sind die Busgruppen, die den verkehrsgünstig gelegenen Ort in normalen Zeiten geradezu stürmen. „Zu Spitzenzeiten standen früher 90 Busse auf unserem Parkplatz, heuer waren es maximal drei.“ Die Serie von drei „Corona-Wintern“ schlägt sich natürlich bei den langfristigen Investitionsplänen nieder: „Unser Projekt Eiberg, bei dem ein alter doppelter Vierersessellift gegen eine gekuppelte Achtersesselbahn getauscht werden soll, ist vorerst auf Eis gelegt.“ Abwarten, was die Krise noch bringt.

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