„Krone“-Kommentar

Die Lehren aus Pearl Harbor

Kolumnen
07.12.2021 05:58

Heute vor 80 Jahren überfiel Japan die auf Hawaii stationierten Teile der US-Flotte. Tags darauf, am 8. Dezember, erklärten die USA Japan den Krieg, am 11. Dezember erklärte Deutschland den USA den Krieg. Genau an diesem Tag hatte Hitler den Krieg verloren. Er wusste es nur noch nicht. Der Russlandfeldzug war vor Moskau stecken geblieben, der „Blitzkrieg“ somit verfehlt, und Hitler hatte die USA in seinem Größenwahn (und alteuropäischen Hochmut gegenüber den Amerikanern) völlig verkannt.

Pearl Harbor liefert auch nach 80 Jahren zwei Lehren: Du sollst Gegner nie unterschätzen. Du sollst Gegner durch Sanktionen nicht in eine - aus ihrer Sicht - ausweglose Situation bringen.

Das Erdölembargo der USA gegen Japan (letztlich wegen des Eroberungskrieges gegen China) stellte das Militärregime in Tokio vor das Dilemma, den Traum eines großjapanischen Reiches nicht verwirklichen zu können. Nach harten Diskussionen setzten sich die Ultranationalisten durch. Für sie war Pearl Harbor dann ein „Befreiungsschlag“; zumindest ein Zeitgewinn, um durch die Eroberung ganz Südostasiens an das Erdöl in Niederländisch-Indien (heute Indonesien) zu kommen. Es war für die Japaner auch ein Krieg gegen die Weißen (in ihren Kolonien), die sie seit ihrem Sieg über Russland 1905 verhängnisvoll unterschätzten.

Japans Militärclique und die Nazis: Beide machte ihre Geringschätzung der USA (Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit in den dreißiger Jahren) blind. Der GRÖFAZ („Größte Feldherr aller Zeiten“) erklärte in Nibelungentreue zu seinem Verbündeten Japan den USA den Krieg (während Japan gegenüber der Sowjetunion neutral geblieben war und dadurch Stalin ermöglichte, Divisionen aus Sibirien an die deutsche Front zu holen).

Zur großen Überraschung in Tokio und Berlin warfen die „Amis“ im Eiltempo die größte und überwältigendste Rüstungskriegsmaschinerie der Weltgeschichte an. So wurde die entscheidendste Schlacht des Zweiten Weltkriegs an der Rüstungsfront geschlagen, an der Blitz-Umstellung der USA auf Kriegswirtschaft: 88.000 Panzer, 250.000 Geschütze, 2,6 Millionen Maschinengewehre, 100.000 Jagdflugzeuge, 100.000 Bomber, 141 Flugzeugträger. Und schließlich: die Atombombe.

Nach dem Krieg schalteten die USA von der Kriegsproduktion in das goldene Konsumzeitalter. Europa und Japan waren als Machtfaktor ausgeschaltet. Nebenbei, was man in Moskau nicht gerne hört: Die USA lieferten an die Sowjetunion u. a. 13.000 Panzer, 15.000 Flugzeuge und 427.000 Lastkraftwagen.

Was sagt uns Pearl Harbor noch? Japan als Land praktisch ohne Rohstoffe glaubte, ohne den Besitz von Rohstoffquellen niemals eine Weltgeltung erreichen zu können. Nach dem Krieg wurde dieses Japan Weltmeister der Konsum-Elektronik. Hauptkunde: USA. Die USA glaubten, durch Würgesanktionen Gegner zum Einlenken bringen zu können. Das glauben sie bis heute.

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