Christoph Ransmayrs jüngster Roman „Der Fallmeister. Eine kurze Geschichte vom Töten“ ist im Alpenraum angesiedelt. Offenkundig hat er sich von seiner Heimat Oberösterreich inspirieren lassen. Das Kanalsystem, an dem der Fallmeister am „weißen Fluss“ die Schleuse hütet, ist von Heimatkundigen als Traunfall zu entlarven. Ransmayr versetzt diesen Schauplatz in eine ortlose Zukunft, die er literarisch wie eine archaisch-schwere Vergangenheit ausmalt.
Vater und Sohn
Auch die Folie im Hintergrund der Handlung ist beschwert: Im tosenden Wildwasser stürzt ein Langboot die gefürchteten Kaskaden des Flusses hinab. Fünf Menschen ertrinken. Der Fallmeister hätte dieses Unglück verhindern können. Daraufhin wendet sich sein Sohn, ein Hydrotechniker, von ihm ab. Dieser zieht durch die Stauwerke der Welt, um Eliten zu dienen. Und er trifft seine Schwester, die an der tückischen Glasknochen-Krankheit leidet...
Manifest gegen Irrsinn
Ransmayr entwirft in seiner Dystopie eine Gesellschaft des absoluten Misstrauens. Jeder ist der Feind des anderen. Europa ist ein totalüberwachter Flickenteppich zwischen Nordsee und Adria. Die Anzeichen der Gegenwart mögen klug oder auch übertrieben weitergedacht sein, der Roman ist ein wütendes, pathetisches Manifest gegen den Irrsinn der Menschheit. Der Erzähler reist nicht nur durch zerborstene Länder, sondern auch ins Dunkel seiner Seele.
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