Drama in Amtshaus

Tierschützer hielt den Geiselnehmer in Schach

Österreich
23.03.2011 11:31
Der Salzburger Tierschützer Michael Aufhauser, Gründer von "Gut Aiderbichl", ist am Dienstag zum wichtigen Vermittler in der Geiselnahme von Klosterneuburg in Niederösterreich geworden. Der Amokschütze, der bei seiner Tat einen Abteilungsleiter anschoss, wollte seine 16 Pferde sicher verwahrt wissen und rief bei Aufhauser an. Dieser hielt den Mann in rund 20 Telefonaten geschickt stundenlang hin und versuchte, ihn zu beruhigen.

"Krone": Herr Aufhauser, wann meldete sich der Geiselnehmer bei Ihnen?
Michael Aufhauser: Das erste Mal erhielten wir einen Anruf in unserer Salzburger Zentrale gegen 14 Uhr von der Bezirkshauptmannschaft: "Wir haben eine Geiselnahme in Klosterneuburg. Es ist kein Scherz. Sie müssen uns helfen. Der Geiselnehmer hat bereits einen Kollegen mit einem Schuss schwer verletzt." Also ließ ich mich mit dem Mann verbinden und sprach mit ihm.

"Krone": Warum wollte sich der Geiselnehmer an den Beamten rächen?
Aufhauser: Offenbar hat er einen Hof und 16 Pferde. Die Angestellten der Forstabteilung dürften ihm aber irgendeine Genehmigung nicht mehr ausgestellt haben. Er sagte mir, damit hätten die Männer sein Leben auf dem Gewissen.

"Krone": Was wollte er von Ihnen?
Aufhauser: Er erzählte mir, dass er einen seiner Hengste, der unter schwerer Arthrose litt, bereits in der Früh erschossen hat. Und dann forderte er, dass ich die restlichen 16 Pferde auf Gut Aiderbichl aufnehme. Sie bräuchten meinen Schutz. Er erklärte mir, dass er seine Tiere um jeden Preise retten wolle.

"Krone": Was unternahmen Sie in der Folge?
Aufhauser: Ich versuchte ihn von Anfang an hinzuhalten. Das Gespräch wurde beendet und wir vereinbarten, später wieder zu telefonieren. Ich versprach ihm, mich um seinen Wunsch zu kümmern. Die Cobra nahm schließlich Kontakt zu mir auf und erklärte mir, wie ich mit dem Mann umgehen soll. Die Polizisten baten mich, mit allen Mitteln Zeit zu schinden. Ich sollte so oft wie möglich mit ihm reden. Und sie sagten mir auch, ich solle ganz ruhig mit ihm sprechen, nicht nervös wirken oder ähnliches.

"Krone": Wie schafften Sie es, ihn hinzuhalten?
Aufhauser: Ich habe ihm erklärt, dass das mit den Pferden nicht so einfach ist. Wir haben eine Stiftung, das muss alles erst beschlossen und vertraglich vereinbart werden. Ich lenkte ihn auch mit Fragen zu seinen Pferden ab. Er zählte mir schließlich alle Namen und Krankheitsgeschichten auf. Ich erfuhr sogar, wann welches Tier geimpft wurde und welche Farbe sein Fell hat.

"Krone": Sie konnten auch kurz mit der Geisel sprechen, oder?
Aufhauser:
Ja, die Frau war fürchterlich verängstigt. Ich konnte es via Telefon natürlich nicht sehen, aber man merkte ihrer Stimme an, dass sie am ganzen Körper zitterte. Sie bat mich, die Übernahme der Pferde so schnell wie nur irgendwie möglich zuzusichern.

"Krone": Welchen Eindruck hatten Sie persönlich vom Geiselnehmer?
Aufhauser: Es ist schwer zu sagen. Er war verzweifelt und mir war klar, dass er der Geisel und sich selbst etwas antun könnte. Das wollte ich natürlich verhindern. Der Mann war rasch per du mit mir. "Ich bin der Fredi. Kann ich Michi zu dir sagen?", fragte er. Ich stimmte natürlich zu und erklärte ihm, dass man alles im Leben wieder zurechtbiegen kann. Nichts kann so schlimm sein, dass es eine Gewalttat rechtfertigt.

"Krone": Ging der Geiselnehmer auf diese Beruhigungsversuche ein?
Aufhauser:
Nein, leider nicht wirklich. Er sagte: "Michi, du brauchst dir keine Mühe zu geben. Selbst du kannst mich nicht mehr umstimmen. Ich will nur mehr meine Pferde retten."

"Krone": Die Cobra forderte Sie am späten Nachmittag erneut auf, Zeit zu gewinnen. Wie gelang Ihnen das?
Aufhauser: Letztlich haben ihn meine Mitarbeiter nicht mehr zu mir durchgestellt und ihm erklärt, dass ich in einem Meeting sei. Dabei ginge es um den Vertrag, der ihm zusichert, dass seine Pferde bei uns aufgenommen werden. Obwohl er schon sehr nervös war, glaubte er uns.

"Krone": Wie haben Sie reagiert, als sie vom Ende der Geiselnahme hörten?
Aufhauser: Ich war irgendwie erleichtert und freute mich für die festgehaltenen Frau, mit der ich ja telefoniert hatte.

von M. Kappes und M. Tschepp, Kronen Zeitung, und krone.at

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