La Strada eröffnet

Irritationen des Alltags entpuppen sich als Kunst

Steiermark
31.07.2021 16:14

Wenn im Grazer Orpheum Benito Mussolini in Form eines Clowns zum Leben erwacht und auf den Straßen der ganz normale Alltag zum großen Schauspiel wird, dann kann das nur eines heißen: Das Festival La Strada hat wieder Einzug gehalten in der Steiermark und bietet noch bis zum 7. August ein buntes Programm.

Inmitten des Sturms auf das Kapitol in Washington im Jänner 2021 erwacht Benito Mussolini wieder zum Leben. Einst wurde er nicht zuletzt auch von den USA als Bollwerk gegen den Kommunismus gehuldigt und sogar Walt Disney hat seine faschistischen Ideen unterstützt. Doch nach seinem Tod ist Mussolini zur lachhaften Figur verkommen - zum Clown. Kein Wunder also, dass es der Körper des wohl berühmtesten und berüchtigsten Clowns Italiens ist, in den der Geist des Diktators einfährt wie eine Rakete aus dem Jenseits.

Das Wiedererstarken des Faschismus
Doch auch wenn hier mit Leo Bassi ein Clown auf der Bühne steht, der sein Handwerk grandios versteht, gibt es eigentlich nichts zu lachen am Wiedererstarken von faschistischem Gedankengut, das er in seinem Solo thematisiert. Denn die Analyse des Clowns ist ebenso einfach wie wahr: Vielen ist die Demokratie schlicht zu anstrengend und vor allem zu langweilig geworden. Und kaum etwas scheint Menschen so sehr zu unterhalten, wie der Hass.

Doch was ist sein Lösungsvorschlag? Die anarchische Kraft der Clownerie! Für Bassi gibt es nichts ernsthafteres als den Humor, weil dieser es vermag, die Lächerlichkeit eines normierten Lebens preiszugeben. Der Clown ist für ihn ein „Engel der Unvollkommenheit“ und er huldigt all jener Kunstformen, die den Schritt aus der Kulturelite hinaus auf die Straße wagen. Noch heute um 20 Uhr im Grazer Orpheum - in englischer Sprache.

Das Schauspiel des Alltags auf der Straße
Genau diesen Schritt auf die Straße macht die Gruppe Electrico 28 mit ihrer Produktion „Frame“. Sie setzen ihre Besucher inmitten des Treibens der Grazer Innenstadt und machen die Passanten zu Hauptakteuren, indem deren Handlungen von den Darstellern per Taferl oder über Kopfhörer kommentiert werden. Ob die Passanten nun bemerken, dass sie Teil einer Performance sind oder nicht - oder sich gar zu einer Schauspieleinlage animieren lassen - ist dabei fast einerlei.

Denn diese künstlerische Intervention im eiligen Treiben der Stadt will einen Rahmen für das Schauspiel des Alltags bieten - und in diesem gibt es bekanntlich ja keine Grenze zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit. Wir alle sind zugleich Darsteller unseres eigenen Lebens und Beobachter des Schauspiels der anderen. Und genau das macht diese ebenso humorvolle wie scharfsinnige Performance auf wunderbar irritierende Weise sichtbar. Noch heute (19.30 Uhr) und morgen (17 und 19.30 Uhr).

Die Straßen und Plätze der Stadt zur Bühne macht auch die französische OOZ Band. Ein Überraschungskonzert am Grazer Hauptplatz sorgte bereits für intergalaktische Stimmung, weitere Auftritte sind geplant.

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