Hitziger Landtag

HG Pharma: Platter verteidigte Auftragsvergabe

Tirol
21.05.2021 00:16

Die Causa rund um die Auftragsvergabe zur Durchführung von PCR-Tests in Tirol an die HG Pharma hat Donnerstagabend zu einer hitzigen Debatte im Tiroler Landtag geführt. LH Günther Platter (ÖVP) verteidigte die Vergabe, die bekanntlich ohne Ausschreibung erfolgt war. Wie Platter berichtete, verdiente das Laborunternehmen bisher 11,8 Mio. Euro an den Testungen. Die Opposition sprach indes von Ungereimtheiten bezüglich der Zulassung der Firma.

Den Landtagsparteien waren am Vortag zwei Verträge des Landes mit der HG Pharma bzw. ihrer Tochterfirma HG Lab Truck GmbH übermittelt worden. Für Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider ging daraus hervor, dass das Land den Vertrag mit der Firma unterschrieben hatte, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bestanden habe. Am 7. Oktober 2020 wurde der erste Vertrag unterfertigt, die Firmenbucheintragung erfolgte aber erst eine Woche später. Zudem stieß sich die Liste Fritz an der „Notvergabe“ - also der Auftragsvergabe ohne Ausschreibung. Denn Mitte Jänner wurde vom Justizministerium mitgeteilt, dass „Notvergaben“ nicht durchzuführen seien, ein zweiter Vertrag mit dem Labor wurde aber Ende März unterfertigt.

„Das war ohne Ausschreibung rechtens“
Platter wiederum berief sich auf die steigenden Infektionszahlen im Herbst. „Das war ohne Ausschreibung rechtens“, sagte er. Er argumentierte, dass eine Ausschreibung zwei bis drei Monate gedauert hätte: „Was glauben Sie, was es da für Debatten gegeben hätte?“, fragte er. Man habe die zweite Welle so gut überstanden, weil man rasche Testergebnisse gehabt habe, meinte er. Platter verteidigte außerdem die Vergabe an die HG Pharma grundsätzlich, die Entscheidung sei vom Einsatzstab aus „fachlichen Gründen“ getroffen worden. Der Einsatzstab habe außerdem vom Gesundheitsministerium die Information gehabt, dass das Labor aufgrund seiner Aufnahme in die Laborliste auch geeignet gewesen sei.

Opposition sieht Versagen bei Recherche
FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger wies erneut auf das „Auswahlverschulden“ des Landes hin. Man hätte recherchieren sollen, mit wem man einen Vertrag eingeht. „Da hab ich einen Urologen, der dem Land virologische Arbeiten anbietet. Ist das wirklich der richtige Mann, muss man sich fragen?“. Außerdem hätte man leicht herausfinden können, dass Geschäftsführer Ralf Herwig „einige Verfahren anhängig“ gehabt habe. Auch NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer war überzeugt, dass Herwig etwas „angeboten hat, was er nicht hätte anbieten dürfen. Und zwar zu keinem einzigen Zeitpunkt“. Er ging davon aus, dass das Labor keine Genehmigung gehabt habe.

SPÖ-Landesparteivorsitzender Georg Dornauer pochte indes darauf, dass im Herbst keine Notsituation - wie zuvor von Platter geschildert - bestanden habe. Bereits im Mai und Juni hätten Experten vor einer weiteren Corona-Welle gewarnt. „Man hat gewusst, dass man mehr Tests braucht“, sagte er. „Das muss man sich erst trauen, freihändig den Auftrag zu vergeben“, merkte er an.

Sonderprüfung durch Landesrechnungshof
Unterdessen einigten sich SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS darauf, dass der Landesrechnungshof eine Sonderprüfung in der Causa vornehmen soll. Die dafür notwendigen Unterschriften wurden an Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP) übergeben. Zudem brachte die FPÖ einen Antrag auf Prüfung durch den Bundesrechnungshof ein, der jedoch gegen die Stimmen von FPÖ und Liste Fritz dem Finanzkontrollausschuss zugewiesen wurde, der kommenden Mittwoch tagen soll. Für die FPÖ habe die Causa auch eine bundespolitische Relevanz, nachdem der Bund die Kosten für die Tests übernimmt.

WKStA prüft Anfangsverdacht
Die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) prüft nun einen Anfangsverdacht wegen schweren Betruges, teilte die Staatsanwaltschaft Innsbruck am Donnerstag mit. Es stehe der Vorwurf im Raum, dass eine Tochterfirma der HG Pharma, die HG Lab Truck, vom Land Tirol in Auftrag gegebene PCR-Tests „nicht sach- und fachgerecht durchgeführt hätte bzw. zur Durchführung solcher Tests nicht qualifiziert und berechtigt gewesen sei“, hieß es. Die HG Pharma verpflichtete sich in dem Vertrag, dass ein „qualifizierter Arzt“ die Verantwortung für die Screeningteams trägt.

Am Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer solchen, vorgeschriebenen labormedizinischen Leitung entspann sich zuletzt die heftige politische Debatte und womöglich entsprechende strafrechtliche Ermittlungen.

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