Es ist ein qualitativ sehr solider, aber zugleich allzu behutsamer Start, mit dem Landestheater-Ballettdirektor Reginaldo Oliveira sein „Anna Karenina“-Ensemble auf die Bühne schickt. Inszenierung, Kostüme, Choreografie – alles sehr gefällig, sehr klassisch, wie man es aus vielen Ballettproduktionen kennt. Dazu eine wirklich exzellente Musikauswahl. Bis zu ersten Überraschungen muss man sich aber eine gute Stunde gedulden. Erst zum furiosen Finale hin wird es mutig und aufregend: wenn das Ensemble auch quer die Wand hinauf tanzt oder Ballerina Harriet Mills die Zerrissenheit der von ihr dargestellten Protagonistin – gefangen in einer Art Aquarium ihrer Seelenqualen – in Szene setzt.
Anna Karenina – das ist die tragisch endende Tolstoi-Geschichte um eine Frau zwischen Ehemann und Geliebtem, die sich zwischen finanzieller Sicherheit, gesellschaftlicher Akzeptanz und Mutterliebe einerseits sowie Freiheit, Liebe und Leidenschaft auf der anderen Seite entscheiden muss und daran zerbricht. Ein Stoff wie gemacht für den Ballett-Tanz, der keine Worte benötigt, um als universelle Sprache für Emotionen zu funktionieren. Besonders deutlich wird dies im Ringen zwischen Mills, ihrem Bühnen-Ehemann Flavio Salamanka (Karenin) und Niccolò Masini als Sohn Serjoscha. Die eindrucksvoll interpretierte Aussage dieses Highlights: „Geh zu deinem Geliebten, aber unser Kind bleibt hier!“
Die Tänzer überzeugen, vor allem mit der Harmonie der Pas-de-deux-Elemente, die in ihrer Leichtigkeit und ihrem Fluss für magische Momente sorgen, aber auch durch die Dynamik des Ensembles.
Vorerst ist „Anna Karenina“ am Salzburger Landestheater ausschließlich online zu sehen. Am 23. Mai folgt die Premiere vor Live-Publikum.
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