Teils heftige Kritik
EU-Parlament stimmte für Agrar-Kompromiss
Ungeachtet der Kritik von Umweltaktivisten und Naturschutzverbänden hat das Europaparlament am Freitag seine Position zur geplanten milliardenschweren EU-Agrarreform verabschiedet. Bereits am Mittwoch hatten sich die EU-Staaten auf eine Linie verständigt.
Eine Mehrheit der Abgeordneten (425) stimmte am Freitag einem Kompromiss zu, der Ergebnis mehrerer Abstimmungsrunden in dieser Woche war. Da das EU-Parlament damit seine Position zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) festgelegt hat, können die Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Rat und der EU-Kommission beginnen.
- Die Entscheidung des Parlaments sieht vor, dass künftig 30 Prozent der Direktzahlungen für Öko-Regelungen reserviert werden. Die EU-Staaten hatten sich auf 20 Prozent Öko-Regelungen geeinigt. Dies sind Umweltmaßnahmen, die über die Pflicht-Anforderungen für Bauern hinausgehen. Erfüllt ein Landwirt sie, bekommt er zusätzliches Geld.
- Weiter sieht die Parlamentseinigung vor, dass die EU-Staaten selbst keine höheren Standards etwa beim Tier- und Umweltschutz setzen dürfen. So sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen garantiert werden.
- Im Vorschlag ist zudem festgehalten, dass vier Prozent der Direktzahlungen für die Unterstützung von Junglandwirten verwendet werden sollen. Wer den EU-Anforderungen nicht nachkommt, soll dem Entwurf zufolge härter bestraft werden.
- Vorgesehen ist auch, dass - zur Förderung der Artenvielfalt - mindestens fünf Prozent der landwirtschaftlichen Fläche eines jeden Betriebes nicht bewirtschaftet werden dürfen.
„Rückwärtsgewandte Scheuklappenpolitik“
Der Kompromiss stößt teilweise auf heftige Kritik. Der österreichische Grünen-Abgeordnete Thomas Waitz kritisiert die Formulierung als zu vage. Letztlich seien darin nur der Einsatz von Dünger und Pestiziden untersagt. Es gebe wenige Auflagen für Tierschutz und Umweltschutz, die Reform bezeichnet er als „Greenwashing vom Feinsten“. „Da wird rückwärtsgewandte Scheuklappenpolitik praktiziert, als gäbe es kein Morgen“, bekräftigt auch die grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener.
„Desaster für Klima- und Artenschutz"
„Die EU-Agrarlobby killt klimagerechte Landwirtschaft“, übt auch die NGO Attac Kritik. Die neue EU-Agrarpolitik sei „ein Desaster für Klima- und Artenschutz“. Statt Klima und Artenvielfalt würden „die Profitinteressen der Agrarmultis und exportorientierten Lebensmittelindustrie geschützt“. Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken: „Europas größte Chance, die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, hat das Europäische Parlament heute fahrlässig verspielt.“

Europas größte Chance, die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, hat das Europäische Parlament heute fahrlässig verspielt.
Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken
Unter dem #VoteThisCAPdown (auf Deutsch etwa: „Lehnt diese GAP ab“) hatten auch Umweltaktivisten wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer dazu aufgerufen, gegen die Position zu stimmen. Sie kritisieren vor allem, dies sei kein Wandel hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und fördere das Artensterben.
„Starke Stimme der Realität hat gesiegt“
Als „guten Kompromiss“ bezeichnet hingegen der Vorsitzende des Umweltausschusses des EU-Parlaments, Pascal Canfin, das Reformpaket. „Das Europäische Parlament hat den Text erheblich verbessert.“ „Die starke Stimme der Realität hat gesiegt“, sagte Simone Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im Europaparlament. Der Bauernbund ließ wissen: „Wir haben es geschafft, einen Weg einzuschlagen, wo Klima- und Umweltschutz eine große Rolle spielen, die ökonomische Komponente aber nicht zu kurz kommt.“
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