Drei-Parteien-Einigung

Covid-Gesetz: Lockdown zehn Tage, wilde Debatten

Politik
23.09.2020 15:14

Der erste reguläre Plenartag des Nationalrats nach der Sommerpause dreht sich am Mittwoch praktisch ausschließlich um Corona-Maßnahmen. So wird die Corona-Ampel auf eine gesetzliche Basis gestellt, der Familienhärtefonds aufdotiert und die Sonderbetreuungszeit verlängert. Bemerkenswertes Detail der Covid-Novelle: Sollte es noch einmal zu einem Lockdown kommen, soll dieser künftig maximal zehn Tage andauern. Dem Beschluss gingen wie üblich wilde Debatten voran.

Corona-technisch stand die heiß diskutierte Ampel als Erstes auf der Tagesordnung, davor hatten die Grünen und die NEOS noch jeweils eine „Aktuelle Stunde“ beantragt, in denen die Themen Plastik und Moria-Flüchtlinge abgehandelt wurden. Die Corona-Ampel erhält mit dem heutigen Tag eine gesetzliche Basis.

Als Kriterien bei der Bewertung der epidemiologischen Situation sollen neu auftretende Fälle, die Clusteranalyse (also die Frage, in wie vielen Fällen die Infektionsquelle geklärt wurde), die Auslastung der Krankenhäuser, der Anteil der positiven an allen Tests sowie regionale Besonderheiten wie Tourismus- und Pendlerströme herangezogen werden.

Gesundheitsminister kann künftig Ausgangssperren verfügen
Anschließend wird geregelt, welche Ausgangssperren möglich sind. In Abstimmung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats könnte der Gesundheitsminister verfügen, „dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist“. Dazu sind fünf Ausnahmen aufgezählt: Abwendung einer unmittelbaren Gefahr, Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen, Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, berufliche Zwecke und Aufenthalt im Freien zur „körperlichen und psychischen Erholung“. Ein Lockdown soll auf zehn Tage beschränkt sein.

Zornesrede von Kickl, Grüne unbeirrt
Die Debatte rund um das neue Gesetz fiel erwartungsgemäß heftig aus. Als Erster zu Wort kam der freiheitliche Klubchef Herbert Kickl, der sich in einer von der Zweiten Präsidentin Doris Bures (SPÖ) mit mehreren Ordnungsrufen versehenen Zornesrede an Koalition und SPÖ abarbeitete. Die Rede war etwa von „parlamentarischem Rollkommando“ oder „X-Large-Zerstörungspolitik“. Der SPÖ wiederum attestierte er, „der schwarz-grünen Dampfwalze“ auch noch den Weg freizumachen. Zudem behauptetet Kickl, dass die Koalition eine zweite Welle „herbeiteste“.

Die Koalitionsvertreter reagierten unbeeindruckt. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer ließ sich davon nicht beirren und nahm Kickl persönlich ins Visier: „Sie verhalten sich absolut verantwortungslos“, attestierte sie dem freiheitlichen Fraktionsvorsitzenden und hielt ihm vor, zur Verunsicherung massiv beizutragen.

NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker blieb in der Wortwahl zurückhaltender als Kickl, die Botschaft war aber nicht weniger deutlich. Er sprach von einem „Gesetz fürs Zusperren, Absperren und Wegschreiben“. Keiner schreibe ein Gesetz, das Ausgangssperren regle, wenn er nicht Ausgangssperren plane.

SPÖ zufrieden, Anschober ortet „Parteispektalkel“
Ganz so sieht das SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner offenbar nicht. Sie bedauerte, dass die Regierung den Sommer verschlafen habe. Mittlerweile gebe es viele Länder mit niedrigeren Infektionszahlen als Österreich. Es sei höchste Zeit, zum Agieren zu kommen, forderte sie beispielsweise rasch einen Plan für den Wintertourismus.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) meinte anschließend, er würde sich erwarten, dass es nicht ein „Parteispektakel“ gebe, sondern die Gesundheit der Österreicher im Mittelpunkt stehe. Die vehementen Angriffe des FPÖ-Klubchefs ließen auch ihn ungewöhnlich polemisch werden. So spottete er, dass „Primar Kickl“ vielleicht mehr wisse als die Gesundheitsexperten.

Gesetz mit Stimmen von drei Parteien beschlossen
Am Mittwochnachmittag wurde das neue Covid-Gesetz schließlich mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlossen. Abgelehnt von allen anderen Fraktionen wurde der Misstrauensantrag der FPÖ gegen die gesamte Regierung. Auch das freiheitliche Begehr, eine Volksabstimmung über das Gesetzeswerk abhalten zu lassen, fand keine Mehrheit.

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