"Haben Sie schon mal von Menschen gehört, die Licht essen? Glauben Sie das?" Mit diesen Worten leitet Straubinger seinen ersten Dokumentarfilm ein und weckt damit genau das, was tief in jedem Kinobesucher steckt: die Neugierde, und die Skepsis. Auf der ganzen Welt gibt es sie: Menschen, die angeben, nur von Sonnenlicht zu leben, Nahrung nicht zu brauchen.
Den Anstoß zum Film gab Niklaus von Flüe, Schutzpatron der Schweiz, Asket und Mystiker aus dem 15. Jahrhundert. Er soll gelebt haben, ohne jemals zu essen oder zu trinken. Ein Phänomen, das auch in der Gegenwart immer wieder Rätsel aufgibt. Ob der weltberühmte 83-jährige Yogi Prahlad Jani, der seit einer göttlichen Eingebung im Alter von acht Jahren angeblich keine Nahrung mehr zu sich nimmt; oder die umstrittene Esoterikerin Jasmuheen, deren "21-Tage-Lichtnahrungsprozess" waghalsige Nachahmer das Leben gekostet hat - Straubinger besucht sie alle. Und findet neben in den Medien präsenten Figuren auch "einfache" Menschen, die bewusst und mit Erfolg auf Nahrung verzichten.
Auch ein Österreicher isst seit Jahren nicht mehr
"Am Anfang war das Licht" nimmt uns mit zur schrulligen, russischen Pensionistin Zinaida Gregorieva Baranova, die seit 2000 weder isst noch trinkt; und stellt uns Walter Rohrmoser vor, einen schrägen, amüsanten Kerl aus Saalfelden im Pinzgau, der neun Jahre lang nur von Flüssigkeit gelebt hat. "Unmöglich", setzt ein Ernährungsphysiologe entgegen, andere Kollegen stimmen ein. Die Dokumentation bleibt hier nicht stehen, zieht ihre Fäden zur indischen Religion Jainismus, weiter zu Fastenphänomenen bei christlichen Heiligen und beleuchtet schließlich den Taoismus in China samt des "Bi Gu"-Zustands, der chinesischen Kunst des "Nichtessens".
Mit Aspekten aus der Esoterik, der Medizin und der Quantenphysik legt Straubinger ein umfassendes Spektrum dar, ohne den Zuschauer zu überfordern. Verbunden mit sympathischen Protagonisten, hochinteressanten Interview-Ausschnitten und Auszügen aus vergangenen TV-Sendungen, Zeitungsberichten und Studien teilt sich der Film in einzelne Kapitel, die durch Städteaufnahmen und jeweils zum Land passender Musik klar abgegrenzt und daher gut zu erfassen sind.
Filmmacher wird selbst zum Protagonisten – zu Beginn
Einziges Manko: Die vor allem anfangs starke Präsenz des Filmemachers. Fünf Jahre lang hatte P.A. Straubinger an dem Film gearbeitet, sich selbst dabei sowohl bei der Recherche als auch bei Interviews filmen lassen, um so selbst zum Protagonisten zu werden. Eine naheliegende Idee, kennt man zumindest die Stimme des Filmkritikers seit Jahren aus dem Radio. Was als Orientierung und "persönliches Mitnehmen" des Zuschauers gedacht ist, stört am Anfang ein wenig. Je tiefer Straubinger jedoch in die Materie eintaucht, desto mehr nimmt er sich langsam selbst zurück, und konzentriert sich ganz auf die Frage nach "Schwindel oder Wunder".
Dass diese Frage nicht geklärt werden kann, wird dem Zuseher schnell bewusst - so verlässt man das Kino fragend, diskutierend, mit der Neugier nach mehr, mit dem Wunsch nach Aufklärung des Phänomens. Eines soll der Film auf keinen Fall sein: Propaganda, oder ein Aufruf zum Stopp der Nahrungsaufnahme. Wer sich voll und ganz auf den Film einlässt, der wird danach nicht auf das Essen verzichten, sondern lediglich seinen Kopf öffnen für Neues, für Unfassbares.
von Angelika Prawda/APA, Christina Krisch (Kronen Zeitung) und krone.at
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