Kritik an Heimleitung:

Keine Zeit für Abschied

Niederösterreich
03.05.2020 08:30

Zahlreiche Familien hatten aufgrund der Krise keine Möglichkeit, sich von ihren todkranken Angehörigen gebührend zu verabschieden. In Wiener Neustadt klagen nun vier Geschwister die Heimleitung an: „Es sind Fehler passiert!“

Wie berichtet, werden ab 4. Mai die heimischen Pflegeheime wieder für Besucher geöffnet. Was sich in den vergangenen Wochen aber in Sachen Sterbebegleitung, Verabschiedung und Trauerarbeit abgespielt hat, sorgt bei vielen Betroffenen für Tränen in den Augen – und für pure Verzweiflung. Die Hinterbliebenen von Hermine Mikina (88) können ein trauriges Bild über die Ereignisse zeichnen. Die liebevolle Mutter und Großmutter ist nicht mehr, die Vorgänge waren offenbar ein Skandal. In der Kritik steht ein privates Pflegeheim in Wiener Neustadt: „Der Gesundheitszustand meiner Mama hat sich immer mehr verschlechtert. Wir sind vier Geschwister, aber nur zwei durften sie laut Heimleitung besuchen“, schildert Tochter Sabine Gottfried, 47-jährige Krankenschwester aus der Region.

Immer wieder hat man gebeten, dass die ganze Familie die Angehörige besuchen darf, doch die Verantwortlichen blieben hart. Erst als die Sterbebegleitung durchgesetzt wurde, gab es dann Lockerungen. Für die Töchter ein Skandal: „Andere Besucher sind jeden Tag in die Einrichtung spaziert, obwohl es die strengen Regeln gab. Wir mussten aber draußen warten“, erzählt die Familie im Gespräch mit der „Krone“. Gottfried weiters: „Mir ist irgendwann der Geduldsfaden gerissen. Ich arbeite ja im Spital und habe dann meine Mutter auf unsere Palliativstation geholt. Sie hat immer gesagt, Sabine, nimm mich mit. Mir geht es im Heim nicht gut.“ Harte Worte in den wohl letzten Stunden der stets tüchtigen Hausfrau.

Nach dem Tod der Mutter herrscht in der Familie aber auch weiterhin Ratlosigkeit. Von einer funktionierenden Trauerarbeit könne nämlich wegen der Vorgänge überhaupt nicht gesprochen werden. „Wir können nicht damit abschließen. Die Heimleitung weiß gar nicht, was sie uns angetan hat“, heißt es. Auch auf Nachfrage bei den zuständigen Behörden blieb die Leitung stumm. „Es war leider eine Ausnahmesituation. Die Richtlinien wurden streng umgesetzt, um alle Bewohner zu schützen“, so ein Experte des Sanitätsstabs. Für die Großfamilie Mikina aber wohl nur ein schwacher Trost.

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