14 Messerstiche

Türke fasst nach “Ehrenmord” 15 Jahre Haft aus

Österreich
07.07.2010 19:01
Wegen Mordes ist am Mittwoch ein 29-jähriger Türke am Klagenfurter Landesgericht zu 15 Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Staatsanwältin Doris Kügler warf dem Mann vor, im November 2009 seinen ehemaligen Schwager mit 14 Messerstichen brutal getötet zu haben. Laut Anklage sollen die Motive für die Bluttat Familienstreitigkeiten, Schulden und "Hass" auf das Opfer - einen 29 Jahre alten Serben - gewesen sein.

Verteidiger Hans Gradischnig hatte zwar versucht, auf Totschlag zu plädieren, sein Mandant hätte "in einer allgemein begreiflichen Gemütserregung" gehandelt. Die Geschworenen konnten dieser Version allerdings nicht viel abgewinnen. Das Urteil fiel mit sieben zu einer Stimme eindeutig aus. Der Verteidiger meldete Nichtigkeitsbeschwerde an, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

"Ich wollte ihn nicht umbringen"
"Ich fühle mich schuldig, aber ich wollte ihn nicht umbringen. Jetzt ist es passiert", sagte der Angeklagte auf eine Frage von Richter Manfred Herrnhofer. Laut Anklage hatte der Beschuldigte ein Küchenmesser in seinem Ärmel versteckt. Als sein serbischer Ex-Schwager das Kebab-Lokal betrat und ihn beschimpfte, soll er zugestochen haben. Das aus dem Lokal flüchtende Opfer wurde vom Türken verfolgt und auf der Straße erneut attackiert. Das Messer warf der mutmaßliche Täter anschließend in die Drau.

"Man muss seine Mentalität berücksichtigen. Der Angeklagte ist Alevit - in dieser Religion ist die Familie ein sehr hohes Gut, das nicht beschimpft werden darf", so Anwalt Gradischnig.

Viel Streit in der Familie
Ein Bruder des Angeklagten sei in der Nacht vor der Tat vom späteren Opfer beschimpft und verletzt worden sein. Als dieser das dem Angeklagten erzählte, habe dieser Angst vor dem Serben bekommen. Das Opfer habe zudem seine Ex-Frau immer wieder beschimpft und auch die restliche Familie über Jahre mehrmals bedroht. Laut Staatsanwaltschaft hatte das Opfer in der Tatnacht keine Waffe, als es das Lokal betrat.

"Er hat mir auch eine verpasst"
"Er ist hereingekommen und hat meinen Bruder geschlagen. Danach ist er auf mich losgegangen und hat mir auch eine verpasst", beschrieb der Angeklagte die Ereignisse vor der Tat. Der Mann ist wegen Körperverletzung - unter anderem an seiner eigenen Schwester - vorbestraft. "Ich habe aus Angst einmal zugestochen, danach kann ich mich an nicht mehr viel erinnern", so der Türke. Er beschrieb sich als durchaus friedfertigen und ruhigen Menschen.

Ein Bruder des Angeklagten erzählte, dass er verzweifelt versucht habe, die beiden Kontrahenten zu trennen. "Ich hab das Messer erst vor dem Lokal gesehen. Mein Bruder ist sonst ein ruhiger Mensch", meinte der Zeuge.

"Nachvollziehbarer Affekt"
In der Verhandlung kamen auch mehrere Sachverständige zu Wort. Die Gutachten ergaben ein konkreteres Bild des Tatherganges. Es läge keine psychische Krankheit vor, auch keine "tiefgreifende Bewusstseinsstörung", erklärte der psychiatrische Sachverständige Walter Wagner. Allerdings wäre ein "nachvollziehbarer Affekt" vorgelegen, in dem der Angeklagte gehandelt hätte.

Gerichtsmediziner Wolfgang Tributsch gab an, dass die Verletzungen vom Täter mit erheblicher Wucht und ohne Zögerung verursacht wurden. Ein Stich in die Bauchhöhle war so stark, dass dieser drei Lagen Textilien - inklusive der Winterjacke - und einen Rippenknochen durchtrennt hat. Aus dem Verletzungsbild heraus ergab sich für den Gerichtsmediziner, dass das Opfer bereits auf der Flucht gewesen sein muss, als der Täter noch weitere Stiche nachsetzte.

"Natürlich tut es mir sehr sehr leid"
Verteidiger Hans Gradischnig fragte bei seinem Mandanten noch einmal nach, ob er die Tat bereue. "Natürlich tut es mir sehr sehr leid, ich hätte nicht gedacht, dass er sterben würde", so der 29-Jährige. Auf die Frage des Richters, ob er gewusst habe, dass das Opfer bei solchen Stichverletzungen sterben könne, antwortete er: "Es kann alles passieren."

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