Für eine Inderin (20) ist eine Welt zusammengebrochen: Die Ehe mit ihrem Geliebten wurde ihr verwehrt, weil der einer fremden Kaste angehört. Stattdessen sollte sie einen anderen heiraten. Daraufhin sprang die Frau aus dem vierten Stock in die Tiefe. Sie überlebte schwer verletzt, ihre Eltern wurden zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig!
Der Paragraf 106a des Strafgesetzbuches regelt seit 2016 genau diesen Fall: Kinder zu einer Eheschließung zu zwingen ist strafbar. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft. Dabei ist es gar nicht notwendig, dass die Opfer - wohl mehrheitlich Töchter - geprügelt werden. Auch das Ausüben von psychischer Gewalt ist ausreichend. Im gegenständlichen Fall war das genau so: Die Eltern drohten ihrer Tochter, sie aus der Familie auszuschließen und jeden Kontakt abzubrechen. In erster Instanz wurden die beiden zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Verteidiger: „Meine Mandanten sind bestens integriert“
In der Berufungsverhandlung plädierte Verteidiger Rudolf Mayer für eine Strafreduktion: „Meine Mandanten sind hier bestens integriert, sie arbeiten seit Jahrzehnten. In ihrem Glauben, dem Hinduismus, ist Zwangsheirat nicht verboten.“
„Parallelgesellschaften haben hier nichts verloren“
Für den Senatsvorsitzenden Christian Dostal kam eine geringere Strafe nicht in Betracht: „Parallelgesellschaften haben hier nichts verloren. Das Kastenwesen hat in Österreich nicht zu gelten“, sagte er.
Ein wesentlicher Punkt für das Gericht war wohl auch, dass der Vater eine Verlobungsfeier angesetzt hat, kaum dass die Tochter nach ihrem Fenstersturz nach drei Monaten aus dem Spital entlassen worden ist.
Peter Grotter, Kronen Zeitung
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