Ortstafel-Streit

“Raser” beschert Kärntner Behörden neue VfGH-Prüfung

Österreich
21.01.2010 16:16
Der Verfassungsgerichtshof prüft wieder einmal Kärntner Ortstafeln - diesmal in Bleiburg. Der slowenische Name Pliberk findet sich dort nur auf einem hineinmontierten Zusatzschild. Die Höchstrichter äußern in ihrem am Donnerstag zugestellten Prüfungsbeschluss große Zweifel daran, dass dies gesetzeskonform ist. Angestoßen hat die Prüfung erneut ein Schnellfahrer, der eine 65-Euro-Strafe mit der nicht verfassungskonformen Ortstafel anficht.

Bleiburg hat - wie Ebersdorf und Schwabegg - den VfGH schon mehrfach beschäftigt. Die blau-orange Kärntner Landesregierung versucht dort seit langem, die Verpflichtung zu zweisprachigen Ortstafeln zu umgehen. 2005 attestierte der VfGH diese Verpflichtung. 

Im Februar 2006 verrückten der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und sein jetziger Nachfolger Gerhard Dörfler die Ortsschilder. Im Juni 2006 hob der VfGH die dem zugrundeliegende Verordnung der BH Völkermarkt als gesetzwidrig auf. Im August 2006 ließ Haider slowenischsprachige Zusatztaferln anbringen, die der VfGH im Dezember 2006 als gesetzeswidrig beurteilte. Die daraufhin erlassene aktuelle Verordnung sieht zwar zweisprachige Ortstafeln vor. Umgesetzt wurde sie aber in der Weise, dass die slowenischsprachigen Zusatztafel im Februar 2007 einfach in die deutschsprachigen Ortstafeln hineinmontiert wurden.

65-Euro-Strafmandat beeinsprucht
Die Causa hat wieder einmal ein Schnellfahrer vor den VfGH gebracht. Boris S. hat das 65-Euro-Strafmandat für die Geschwindigkeitsübertretung im Ortsgebiet von Bleiberg zunächst bei der BH beeinsprucht. Er bestritt nicht das Schnellfahren, merkte jedoch eine nicht gesetzeskonforme Ortstafel an. Die BH verringerte die Strafe dann auf 45 Euro, erhöhte aber gleichzeitig um 30 Euro wegen einer angeblich zu spät zurückgesandten Lenkererhebung. Der nächste Einspruch ging beim Unabhängigen Verwaltungssenat ein, der den Kärntner Slowenen ebenfalls abwies. 

Die Causa ist jetzt beim Verfassungsgerichtshof gelandet. Und wie aus dem Donnerstag veröffentlichten Prüfungsbeschluss hervorgeht, hat Boris S. gute Aussichten auf Erfolg. Denn schon in dem Dokument (PDF-Download in der Infobox) stellt der VfGH fest: Man hege Bedenken, dass die Verordnung "nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden" sei. Denn die sich aus dem Volksgruppengesetz und der Topographieverordnung ergebende Verpflichtung zu zweisprachigen Ortstafeln "dürfte die Angabe des Namens des Ortes in gleichartiger, nicht diskriminierender Weise auf dem Hinweiszeichen gebieten". 

"Verhöhnung des VfGH"
Schon 2006 habe man die unterschiedliche Angabe des Ortsnamens in den beiden Sprachen als ausgeschlossen erachtet. Und ebenso ausgeschlossen dürfte es sein, dass die slowenische Ortsbezeichnung kleiner geschrieben ist. In dem Prüfungsbeschluss findet der Ausdruck "denkunmöglich" häufig Verwendung, ebenso wird mehrmals auf der "Verhöhung des Verfassungsgerichtshofes" durch den jeweiligen Landeshauptmann hingewiesen.

Auch die Volksanwaltschaft hat sich wegen der hineinmontierten Zusatztafeln - nicht nur für Bleiburg, sondern auch für Ebersdorf und Schwabegg - an den VfGH gewandt. Dieser Antrag ist vom Prüfbeschluss zwar nicht erfasst, könnte aber im Verordnungsprüfungsverfahren gleich miterledigt werden.

BH und Landesregierung müssen Stellung nehmen
Jetzt ist - auf Basis des Prüfungsbeschlusses - jedenfalls der nächste Schritt, dass die zuständige Bezirkshauptmannschaft und die Kärntner Landesregierung zu einer Stellungnahme zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes aufgefordert wird.

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