10 Jahre Haft drohen

Drama um Bill Cosby: Der tiefe Fall des TV-Stars

Adabei
26.09.2018 08:56

In der „Cosby Show“ spielte Bill Cosby in den 80er-Jahren den liebevollen Familienvater Dr. Huxtable, der seine Rasselbande mit sehr viel Charme und Witz unter Kontrolle hielt. Jetzt wurde der einstige TV-Liebling mit einem geschätzten Vermögen von 400 Millionen Dollar wegen wegen schwerer sexueller Nötigung in drei Fällen zu mindestens drei und höchstens zehn Jahren Haft in einem State Prison verurteilt. Richter Steven O‘Neill verkündete am Dienstag in Pennsylvania das Strafmaß für den 81-Jährigen, gegen das seine Anwälte Berufung einlegen wollen. Etwa 60 Frauen haben Cosby bislang sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Vergewaltigung vorgeworfen. Cosby hat alles stets zurückgewiesen. Die Chronologie einer überschatteten Karriere. 

Es ist die erste Verurteilung eines Prominenten, seit die #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe vor fast genau einem Jahr ins Rollen kam. Cosbys Anwalt beantrage auch, seinen Mandaten bis zum Berufungsurteil gegen Kaution auf freiem Fuß zu lassen. Richter O‘Neill ordnete aber an, Cosby sogleich in Haft zu nehmen. Der zeigte nach der Verkündung des Strafmaßes keine Regung. Die Gelegenheit, sich abschließend zu äußern, nahm er nicht wahr.

Familienmitglieder Cosbys waren wie schon am Vortag nicht mit im Saal. Cosby muss zudem eine Geldstrafe von 25.000 Dollar zahlen. Der TV-Star war bereits Ende April schuldig gesprochen worden, eine Frau im Jahr 2004 sexuell missbraucht zu haben.

„Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall“
„Niemand steht über dem Gesetz und niemand sollte wegen seines Wohnorts, wegen seiner Identität oder wegen Wohlstand, Ruhm, Berühmtheit oder sogar Wohltätigkeit anders behandelt werden“, sagte O‘Neill in seinem Urteilsspruch. „Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall.“ Die Auswirkungen auf Cosbys Leben seien ihm bewusst „und es tut mir leid“, sagte der Richter.

Cosby war wegen schwerer sexueller Nötigung in drei Fällen schuldig gesprochen worden. Dafür drohten ihm bis zu 30 Jahre Haft. Die Prozessparteien einigten sich aber, diese Fälle zusammenzuführen. Die Höchststrafe lag damit bei bis zu zehn Jahren Haft im Gefängnis des Staates Pennsylvania. Cosby kann nach drei Jahren erstmals einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung unter Auflagen stellen, der dann von einer Kommission geprüft wird. Die Inhaftierten in den State Prisons der US-Staaten sitzen oft längere Strafen für schwerere Verbrechen ab als Insassen der Bezirksgefängnisse. Auch Hausarrest oder Zeit in einer Rehabilitierungs-Einrichtung wären als Strafe möglich gewesen.

Cosbys Karriere überschattet von Missbrauch und sexueller Nötigung
Mit seinen 81 Jahren kann Bill Cosby auf eine schillernde Karriere zurückblicken - überschattet von sexuellem Missbrauch und Belästigungen. Denn während der promovierte Pädagoge in den 60er-Jahren in der TV-Serie „Tennisschläger und Kanonen“ als erster Schwarzer in einer Hauptrolle neben einem Weißen (Robert Culp) auftrat und damit die Rassenbarriere im US-Fernsehen durchbrach, erhob eine 22-jährige Sekretärin einer Talentagentur den ersten Vorwurf sexueller Nötigung gegen den steigenden Stern im TV-Biz.

Und das sollte kein Einzelfall bleiben: Mindestens sieben Frauen behaupten, Cosby habe sie Anfang der 1970er-Jahre unter Drogen gesetzt und vergewaltigt. Zu dieser Zeit entwickelte der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Cosby gerade die Zeichentrickserie „Fat Albert and the Cosby Kids“, in der er einer der Cartoon-Figuren seine Stimme leiht. Nur wenig später der nächste Vorwurf: Als Cosby 1974 an Seite von Sidney Poitier and Harry Belafonte im Film „Samstagnacht oben in der Stadt“ Erfolge feiert, soll er in der Playboy-Villa in Los Angeles ein 15-jähriges Mädchen sexuell genötigt haben. Das geht aus einer 2015 in Kalifornien eingereichten Zivilklage hervor.

Als Dr. Heathcliff Huxtable spielte sich Bill Cosby mit seiner Familie in der „Die Bill Cosby Show“ von 1984 bis 1992 in die Herzen der Fans weltweit. Doch während er schon im Vorspann mit lustigem Wackeltanz und skurriler Mimik die Lacher auf seiner Seite hatte und  in insgesamt acht Staffeln als Arzt mit Engelsgeduld, viel Humor und einem Hang für großgemusterte Pullis wurde Cosby als Vorzeigevater gefeiert wurde, bekam die heile Welt der Serie hinter den Kulissen tiefe Risse. Denn in dieser Zeit soll Cosby mindestens 16 Frauen unter Drogen gesetzt und sexuell genötigt haben.

Constand verklagt Cosby bereits 2005
Als Cosby schließlich 2004 seinen mittlerweile 22. Film, eine Kino-Adaption der Serie „Fat Albert“, veröffentlichte, ereignete sich der mutmaßliche sexuelle Übergriff auf  Andrea Constand in Cosbys Haus in Pennsylvania. Nur ein Jahr später verklagt die Universitätsangestellte den Schauspieler wegen sexueller Nötigung. Cosby sagt unter Eid aus, Beruhigungsmittel für Sex mit Frauen einzusetzen. Beide Seiten einigen sich außergerichtlich auf eine ungenannte Summe.

Erst 2014 wird es für Bill Cosby schließlich eng. Der Comedian Hannibal Buress macht auf der Bühne Witze, dass der „selbstgefällige“ Moralist Cosby ein Vergewaltiger sei. Das Video verbreitet sich rasch im Internet. Bald darauf häuft sich die Zahl der Frauen, die mit Vorwürfen gegen Cosby an die Öffentlichkeit gehen. Der Streamingdienst Netflix und der TV-Sender NBC stellen geplante Cosby-Projekte ein, Wiederholungen der „Bill Cosby Show“ werden gestrichen. Universitäten ziehen ihre Ehrendoktortitel zurück, Cosbys Stern am „Walk of Fame“ wird mit dem Wort „Vergewaltiger“ beschmiert - wie zuletzt auch wieder Anfang des Monats.

2015 werfen weitere Frauen Cosby sexuelle Nötigung vor, 13 von ihnen verklagen ihn. Gegen sieben von ihnen reicht Cosby Gegenklage wegen Verleumdung und Einkommenseinbußen ein. Seine Tour „Far From Finished“ bricht er ab. Die Staatsanwaltschaft in Pennsylvania rollt den Fall Constand neu auf und erhebt am 30. Dezember Strafanzeige.

Mit dem Urteil vom Dienstag ist Cosby nun der erste Prominente, der seit der 2017 losgetretenen Welle von Missbrauchsvorwürfen gegen Film- und Medienschaffende wegen eines Sexualverbrechens ins Gefängnis geht. Am Anfang waren die massenhaften Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein gestanden.

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(Bild: kmm)



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