Wunder in New York
Triebwerke versagten beide gleichzeitig
Der Passagier berichtete von erschreckend lauten Geräuschen während jenes Fluges. "Es klang so, als würde eine Tragfläche abbrechen", sagte der Geschäftsmann Steve Jeffrey am Montagabend dem Nachrichtensender CNN. Nach seinen Angaben waren auch andere Mitreisende durch die lauten Schläge beängstigt. Bald danach seien in der Kabine rote Lampen angegangen. Gleichzeitig brach Hektik unter den Stewardessen aus, schilderte Jeffrey dem Sender. Die Flugbegleiterinnen hätten von einer möglichen Notlandung oder Rückkehr zum LaGuardia-Flughafen gesprochen.
Doch statt umzudrehen, habe sich einer der Piloten dann über Lautsprecher an die Passagiere gewandt und eine Erklärung für die ungewöhnlichen Geräusche abgegeben. Was er im Einzelnen sagte, daran erinnert sich Jeffrey eigenen Angaben zufolge nicht mehr. Ein anderer Passagier auf diesem Flug habe per E-Mail außer den Geräuschen auch Flammen gemeldet, die aus dem rechten Triebwerk gekommen seien, berichtete der Sender.
Zwei Tage zuvor Kompressor ausgefallen
Auch ein Sprecher der Nationalen Verkehrssicherheitsbehörde sagte, die Unglücksmaschine hatte schon vorher Probleme mit dem Motor. Die Wartungsunterlagen zeigten, dass zwei Tage vor dem Unglück ein Kompressor an der Maschine ausgefallen sei. Ob diese früheren Probleme im Zusammenhang mit der Notwasserung des Airbus stehen, war zunächst unklar. Die Ermittlungen zur Unglücksursache dauern noch an.
Schwierige Bergung der Unglücksmaschine
Taucher hatten das ganze Wochenende im eiskalten Wasser verbracht, um das Heben der Unglücksmaschine vorzubereiten und Stahlseile an dem Jet zu befestigen. Ein riesiger Kran hievte das Flugzeug dann auf einen Lastkahn. Über Radar hatten die Experten außerdem das abgerissene linke Triebwerk auf dem Grund des Flusses geortet.
Das fehlende Triebwerk musste auf einem etwa sechs Kilometer langen Flussabschnitt gesucht werden, weil die Maschine nach der Notlandung ein Stück flussabwärts geschleppt worden war. Zunächst waren die Behörden davon ausgegangen, dass beide Antriebseinheiten fehlen. Untersuchungen zeigten dann, dass offenbar beide Triebwerke gleichzeitig versagten, so wie schon die Zeugen angedeutet hatten, dass es "plötzlich still" wurde.
"Hier ist Kaktus 1549. Wir werden im Hudson enden"
Das Ermittlerteam hat sich indes von den beiden Piloten und den drei Flugbegleitern die entscheidenden fünf Minuten in aller Genauigkeit schildern lassen. Kathryn Higgins, Sprecherin der Nationalen Verkehrssicherheitsbehörde, gab die Aussagen am Sonntag wieder. "Die Crew hat von einer völligen Stille in der Maschine gesprochen, wie in einer Bibliothek", sagt Higgins. Sullenberger (Spitzname: "Sully") brauchte danach keine Sekunde für seine Entscheidung. "Mein Flugzeug", sagt er in typischer Fliegersprache zu seinem Co-Piloten Co-Pilot Jeffrey Skiles, der am Schaltknüppel saß - und Skiles wusste, dass er den Platz zu räumen hatte: "Ihr Flugzeug."
Die Maschine befand sich zu dem Zeitpunkt auf über 900 Metern Höhe, Fluggeschwindigkeit 400 Stundenkilometer. Der Start vom New Yorker Flughafen La Guardia lag keine zwei Minuten zurück. "Hier ist Kaktus 1549", meldete Sullenberger an den Tower. Kaktus ist im Flugfunk der Codename für die Fluggesellschaft US Airways. "Wir haben den Schub in beiden Maschinen verloren. Wir kehren um."
Aber dafür war es schon zu spät, stellte sich heraus. Der Kapitän erwog noch eine Landung auf einem zweiten Flughafen auf der anderen Seite des Flusses. Inzwischen jedoch war die Maschine "zu niedrig, zu langsam", sagte er. Der Anflug über dem dicht besiedelten Gebiet hätte zu einer Katastrophe werden können. "Wir schaffen es nicht. Wir werden im Hudson enden." Das war die letzte Mitteilung, die der Tower bekam.
Sullenberger, ein ehemaliger Kampfpilot mit 40 Jahren Flugerfahrung, brachte die Maschine noch über die George Washington Bridge und setzte sie dann aufs Wasser - möglichst nah an einer Fähre, damit schnell Hilfe kommen konnte. "Fertigmachen zum Aufprall", gab er den Passagieren noch durch, die Flugbegleiter brüllten durch die Kabine "Achtung! Köpfe runter!" - und dann berührte die Maschine auch schon die Oberfläche. Dreieinhalb Minuten waren seit dem Vogelschlag vergangen.
"Er hat nur gesagt: Gern geschehen!"
"Es war wie eine harte Landung, mehr nicht", erinnerte sich ein Flugbegleiter. Er wusste noch nicht, dass draußen nichts ist als Wasser war. "Evakuieren!", kommandierte "Sully" per Lautsprecher knapp. Innerhalb weniger Minuten und fast ohne Panik verließen die 150 Passagiere die Maschine. Die Fähre nahm einen Teil auf, die anderen warteten auf den überspülten Tragflächen auf Rettung - es sah aus, als könnten sie auf dem Wasser stehen. Der Pilot ging als Letzter von Bord. Er suchte zuvor noch einmal die sinkende Maschine ab, um auch wirklich niemanden zurückzulassen. Passagier Billy Campbell stand zufällig neben ihm im Rettungsboot. "Ich habe ihn am Arm genommen und mich im Namen von uns allen bedankt", erzählte Campbell. "Er hat nur gesagt: 'Gern geschehen.'"
Pilot als "Held vom Hudson" gefeiert
Sullenberger wurde von Politikern und Geretteten nach der Landung als "Held vom Hudson" gefeiert. Präsident George W. Bush dankte Sullenberger in einem Telefonat für seinen meisterhaften Einsatz. Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg zeichnete ihn mit einem Schlüssel der Stadt aus. "Sein mutiges Handeln hat die Menschen in dieser Stadt und Millionen Menschen rund um die Welt inspiriert", sagte Bloomberg.
Maschine hatte bereits zwei Notlandungen hinter sich
Die Maschine der amerikanischen Fluggesellschaft US Airways ist zehn Jahre alt. Die "New York Times" berichtete unter Hinweis auf Unterlagen der US-Flugsicherungsbehörde, die Maschine habe bereits zwei Notlandungen hinter sich.
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