"gang und gäbe"

Bewährungsstrafe für Polizisten wegen Amtsmissbrauchs

Salzburg
02.02.2011 17:14
Ein Salzburger Polizeijurist hat sich am Mittwoch wegen Amtsmissbrauchs vor einem Schöffensenat verantworten müssen. Seine Schwester hatte als Pkw-Lenkerin ein 70 km/h-Tempolimit auf der Alpenstraße um 31 km/h überschritten. Der Polizist, der keine Geldstrafe verhängte, sondern die Verwandte abmahnte, "hätte den Akt wegen Befangenheit nicht bearbeiten dürfen", sagte die vorsitzende Richterin Karoline Edtstadler und verhängte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Obwohl der Angeklagte bereits am 17. Jänner vor der Strafrichterin stand, hatte der Prozessbeginn damals abberaumt werden müssen, weil das Landesgericht Salzburg vergessen hatte, die Schöffen zu laden (siehe Infobox).

Angeklagter habe Republik Österreich geschädigt
Dass er den Akt übernommen habe, "war ein Fehler", gestand der Polizist nun bei der Verhandlung am Mittwoch auch ein. Die Ansicht von Staatsanwaltschaft Marcus Neher, er habe damit den Anschein erweckt, die Behörde entscheide nicht objektiv und damit die Republik Österreich geschädigt, teilte der Beamte nicht. Die Erteilung der Ermahnung bewege sich im Rahmen des Paragrafen 21 des Verwaltungsstrafgesetzes, wonach die Behörde bei einem geringfügigen Verschulden und bei unbedeutenden Folgen von einer Bestrafung absehen könne.

Der 11. Jänner 2009, an dem seine Schwester von einem Radarkasten "geblitzt" wurde, sei ein Sonntag mit ruhigem Verkehrsaufkommen gewesen. "Es gab dort auch keinen Gefahrenbereich", sagte der Angeklagte. "Meine Schwester war unbescholten und geständig. Unter der gleichen Prämisse hätte ich bei jedem anderen gleich gehandelt."

"Ist bei uns gang und gäbe"
Dass er den Akt fünf Minuten, nachdem sein Schwager ihm die Lenkerauskunft auf den Schreibtisch gelegt hatte, schon erledigt habe, "ist bei uns gang und gäbe", sagte der Polizeijurist. Zum damaligen Zeitpunkt habe es vom Gesetz her auch noch keine Strafuntergrenze gegeben.

Sein direkter Vorgesetzter in der Polizeidirektion vertrat jedoch die Ansicht, dass eine Abmahnung bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 10 bis 15 Stundenkilometern noch möglich sei, nicht aber bei 31 km/h. "Da müssten besondere Gründe vorliegen und der Lenker dazu einvernommen werden." Es kam aber nur der Schwager, nicht die Schwester ins Büro des Strafreferenten.

Als weiterer Zeuge sagte der Abteilungsleitungsleiter aus. Er hatte zwar an der Ermahnung nichts auszusetzen, "sie reicht eindeutig aus". Der Jurist ortete allerdings "Begründungsmängel" im Bescheid des Polizisten. "Es wurde nicht dokumentiert, was er sich dabei gedacht hat."

Milderungsgründe überwogen
Der Schöffensenat kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die Ermahnung noch innerhalb des Ermessensspielraumes der Behörde erfolgt sei. Da die Milderungsgründe erheblich überwogen, erhielt der Beamte eine außerordentliche Strafmilderung. Der Strafrahmen bei Amtsmissbrauch beträgt sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Ein Amtsverlust tritt automatisch bei einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr ein. Der Angeklagte ist auch von seinem Dienstgeber disziplinär bestraft worden, was allerdings - wie bei seiner Schwester - ebenfalls in Form einer Ermahnung erfolgt war.

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