"Zweites Hainburg"

ÖVP fordert jetzt Audimax-Räumung – Grüne erbost

Österreich
03.12.2009 15:13
Die ÖVP hat am Donnerstag Uni-Rektor Georg Winckler dazu aufgefordert, für die Räumung des seit mittlerweile mehr als 40 Tagen besetzten Audimax zu sorgen. Auch eine polizeiliche Räumung wurde nicht ausgeschlossen. Die Grünen warnten vor einem "zweiten Hainburg": Die ÖVP wolle "friedliche Studierende", die mit den Besetzungen gegen die von ihr verschuldete Uni-Misere protestieren würden, "abführen lassen wie Schwerverbrecher".

ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger hatte zuvor von einer Reihe von Möglichkeiten gesprochen, die dem Rektor offenstünden - "er ist ja immerhin Hausherr". Mittlerweile habe die Hörsaal-Besetzung an der Hauptuni Kosten von mehr als einer Million Euro verursacht. "Bei uns melden sich immer mehr Studenten, die fragen, wann wieder für den ordentlichen Betrieb gesorgt wird", so Kaltenegger. 

Immerhin sei der erste Teil des Wintersemesters schon vorbei, das Audimax werde zum Studieren, Lehren und Prüfen gebraucht. Es gehe nicht an, dass eine "absolute Minderheit" von zehn bis 15 Besetzern den ordentlichen Betrieb lahmlege. Studenten könnten so Probleme mit ihrem Stipendium bekommen - hier sei auch einmal Solidarität der Besetzer gefragt.

Grüne: Ohne Besetzung keine Bildungsdebatte
Der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, hob hervor, dass es ohne die Besetzungen keine Debatte über die Bildung in Österreich gegeben hätte. Kaltenegger forderte er auf, den Weg frei zu machen "für die Uni-Finanzierung! Wenn nicht, werden Sie wohl nicht nur die Studierenden aus dem Audimax entfernen müssen, sondern auch mich als Abgeordneten zum Nationalrat".

Auch Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl schlug sich auf die Seite der Studenten und betonte, dass Winkler "am wenigsten" die Bevormundung der ÖVP brauche. Auch sie meinte, dass erst die Studentenproteste bewirkt hätten, dass "das Bildungsthema in der öffentlichen Debatte endlich den hohen Stellenwert hat, den es sich verdient hat". Die SPÖ stehe weiter für Gespräche und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Anliegen der protestierenden Studierenden.

Auch BZÖ fordert sofortige Räumung
Das BZÖ unterstützte unterdessen Kalteneggers Forderung und verlangt die sofortige Räumung des Audimax. Eine kleine Minderheit hindere die Mehrheit der Studierwilligen schon viele Wochen an der Fortsetzung ihres Studiums und koste diese Zeit und Geld. Mit dem Umfunktionieren des Universitätsgebäudes in ein Obdachlosenheim habe "die Handvoll Besetzer den Bogen endgültig überspannt", so BZÖ-Wissenschaftssprecher Rainer Widmann.

Uni Wien setzt auf Diskussion
Das Rektorat der Universität gab am Donnerstag bekannt, weiterhin auf Verhandlungen mit der Protestbewegung zu setzen, um eine Freigabe des besetzten Hörsaals zu erreichen. Aus Sicht der Uni Wien "sind politische Lösungen immer besser" als eine Räumung. "Unser Ziel ist es, möglichst bald wieder den Vorlesungsbetrieb im Audimax stattfinden zu lassen", so eine Sprecherin. Deshalb gebe es am Freitag eine Diskussion des Rektorats mit dem Plenum der Besetzer.

Stadt Wien sendet Hilfsteam ins Audimax
Indes hat die Stadt Wien am Mittwochabend ein vierköpfiges Team der Wohnungslosenhilfe in den größten Hörsaal Österreichs geschickt, der laut Studenten zunehmend zur "Zufluchtsstätte von Obdachlosen" wird (siehe Infobox). Auf Veranlassung von Sozialstadträtin Sonja Wehsely kümmerte sich das Team um die Betroffenen. "Wir haben Kontakt und bleiben in Kontakt." Es gehe dabei vornehmlich darum, den Leuten das bestehende soziale Netz bewusst zu machen, zumal es freie Kapazitäten an Notschlafplätzen in Wien gebe: "Die Betroffenen wissen, wo sie sich hinwenden können."

"Die sind dort grundsätzlich versorgt"
Konkrete Verpflegung oder Ähnliches habe das Wohnungshilfe-Team bei seinen Besuchen nicht im Gepäck, zumal die Obdachlosen im Audimax ja eine Infrastruktur vorfänden: "Die sind dort grundsätzlich versorgt." Insgesamt wurden in den letzten 24 Stunden laut Wehsely-Büro fünf unterstandslose Personen kurzfristig betreut. Neben der Versorgung der Betroffenen habe man dafür Rechnung getragen, dass sowohl die Universität wie die Besetzer nun die Kontaktmöglichkeiten zu den entsprechenden Stellen hätten: "Ob das in Anspruch genommen wird oder nicht, liegt nicht in unserer Hand."

"System europaweit an der Spitze"
Es bestehe jedenfalls kein Mangel an Angeboten. Die Kritik am System der Wiener Wohnungslosenhilfe laufe deshalb ins Leere, weil "dieses System europaweit an der Spitze steht", beschied Wesehly via Aussendung. Dabei könne man - wie auch im Fall des Audimax - nur für Wiener Obdachlose sorgen: "Das sieht richtigerweise das Gesetz so vor. Nur so lässt sich Sozialtourismus nach Wien vermeiden." Der zuständige Fonds Soziales Wien betreut in Wien 5.470 Menschen, für die 4.000 Wohnplätze bereitstehen.

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