Boyband Ende 30

Take That im Interview

Musik
01.07.2007 13:08
Am 26. Oktober werden Take That elf Jahre nach der bisher dramatischsten Bandauflösung in der Geschichte der Popmusik mit ihrem Comeback-Album "Beautiful World" in der Wiener Stadthalle aufspielen. Im Krone.at-Interview sprechen Gary Barlow (36), Mark Owen (35), Howard Donald (39) und Jason Orange (37) über die Comeback-Tour, das neue Gefühl als echte Band, ihre alte Sünden, den ehemaligen Bandkollegen Robbie Williams und warum sie das Aus nicht aushielten.
(Bild: kmm)

Krone.at: Wie schafft ihr es, eure Konzerte nicht wie vor zehn Jahren aussehen zu lassen?

Gary Barlow: (lacht) Indem wir selbst nicht mehr wie vor zehn Jahren aussehen – zum Glück! Außerdem spielen wir nicht nur unsere alten Songs, sondern auch neues Material. Abgesehen davon: Es reicht nie, nur einfach dazusitzen und sich zu präsentieren. Wir wollen, dass das Publikum ausrastet und versuchen, die Leute durch alle Gefühlsregungen zu führen. Für uns ist es eine gute Show gewesen, wenn wir allesamt völlig geschafft von der Bühne gehen.

Krone.at: Was ist jetzt anders, wenn ihr zusammen auf der Bühne steht?

Mark Owen: Der größte Unterschied ist, dass wir jetzt viel kreativer sind. Es ist ein total anderes Gefühl, wenn wir jetzt ein Konzert geben. Du spürst den Moment, was früher einfach nicht der Fall war. Wir sind auch gefestigter, die ganze Show eigentlich.

Jason Orange: Viel davon spielt sich auch im Kopf ab. Wenn ich vor fünfzehn Jahren mit Take That ein Konzert gegeben habe, redete ich mir die ganze Show hindurch ein, wie brilliant ich doch bin. Ich war ein Angeber, fast ein Exhibitionist. (lacht) Schaut auf zu mir, ich bin ein Popstar! Mann, wir taten alles um die Girls zum Kreischen zu bringen. Und es fühlte sich so natürlich an, zu dieser Zeit war das voll okay. Aber jetzt bewegen wir uns zum Publikum und erfreuen uns an der Freude unserer Fans. Auf unserer Reunion-Tour waren wir vielleicht zum ersten Mal ehrlich zu den Fans.

Krone.at: Als eine Freundin von mir die Nachricht hörte, dass ihr wieder eine Band seid, ein Album aufnehmt und auf Tour gehen werdet, sagte sie wortwörtlich: “Das können die nicht tun! Nicht nachdem ich ein Jahr damit verbracht habe, mir wegen der Trennung die Augen auszuweinen – und jetzt soll ich das als Erwachsene alles nochmal durchmachen?” Als ihr “Beautiful World” aufgenommen habt, wovor war die Furcht größer: Vor der gemeinsamen Arbeit mit den “alten” Kollegen oder vor der Reaktion der “alten” Fangemeinde?

Gary Barlow: Ich würde sagen letzteres. Davor hatten wir schon mächtig Bammel. Ist die Erinnerung vielleicht besser als die Realität? Das ist zum Beispiel etwas, das Howard immer wieder aufs Tapet bringt. Wir haben sie verlassen. Wir entschieden uns zum Aufhören, als wir ganz oben an der Spitze standen, als uns die Leute immer noch wollten. Wir hörten mit einem Nummer-Eins-Hit auf! Natürlich riskierten wir diesen Ruf mit dem Comeback. Wir setzten all das aufs Spiel. Warum dieses Risiko? Aber ich denke, wenn wir bei unserer Rückkehr nichts Gutes hätten mitbringen können, wären wir auch nicht zurückgekommen.

Krone.at: Euer Album “Beautiful World” ist regelrecht eingeschlagen. Hat euch der prompte Erfolg überwältigt?

Mark Owen: Wenn du ein Album aufnimmst, willst du, dass die Leute das was du tust auch mögen. Und ich hatte große Hoffnung, dass die Leute es mögen werden. Erwartet habe ich mir, dass wir zweihundert Stück – ich spreche jetzt nur in Relationen – von “Beautiful World” verkaufen. Aber wir haben mehr als tausend Stück verkauft, wenn du verstehst, was ich meine. Ich bin stolz auf dieses Album!

Howie D.: Worauf ich stolz bin, ist, dass wir das Album ganz alleine gemacht haben. Es war eigentlich das erste Mal, dass wir alle zu gleichen Teilen beigetragen haben. Garys Songwriting in Ehren – wirklich! – aber mir fällt es kein bisschen schwer, die alten Goldenen Schallplatten von der Wand zu nehmen, um Platz für “Beautiful World” zu machen. Dieses Album gibt mir mehr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl als jede andere Platte, die wir gemacht haben.

Krone.at: Wie stark wurde Take That in den alten Zeiten von Marketing-Experten, Verkaufszahlen und Entscheidungen, die von Menschen außerhalb der Band getroffen wurden, gelenkt? Ich meine, ihr habt damals mit Sicherheit ein paar Dinge machen müssen, die ihr von euch selbst aus wahrscheinlich nicht getan hättet!?

Gary Barlow: Ja, das kannst du laut sagen. Wir mussten in dieser Zeit viele Dinge nicht ganz freiwillig machen. Ich würde etwa 70 Prozent unserer Taten und Entscheidungen unserem damaligen Manager zusprechen. Er hat gesteuert, manipuliert, interveniert; Aber wie Howard schon sagte, das ist das Tolle am Jetzt: Wir sind die Chefs! Ich bin nicht zurück gekommen um mir sagen zu lassen, was ich zu tun habe.

Krone.at: Nenn mir ein Beispiel für eines dieser “Dinge”…

Gary Barlow: (überlegt kurz) Mir fällt jetzt konkret nichts ein. Wäre es außerdem nicht besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen?

Krone.at: Ich verstehe. Ist der Druck, der auf euch lastet jetzt stärker als früher?

Gary Barlow: Nein, es ist jetzt einfacher.

Howie D.: Ich spüre irgendwie, dass wir nie die Chance hatten, Entscheidungen zu treffen. Jetzt über Fotoshootings, Interviews wie dieses hier und alles, was die Zukunft betrifft, entscheiden zu können, ist einfach großartig!

Gary Barlow: Vielleicht war es früher auch ganz gut, dass uns jemand den Weg zeigte. Wir mussten viele Erfahrungen erst sammeln. Jetzt machen wir das schon so lange, dass alles, was wir noch nicht gesehen haben, zum Großteil auch nicht sehenswert ist.

Krone.at: Als der Vorschlag mit dem Album kam, wer von euch Vieren musste noch am ehesten überredet werden?

Mark Owen: Das kann man so nicht sagen. Wir bekamen ein Angebot, das Album zu machen und damit saßen wir alle in einem Boot. Aus dem Deal mit der Plattenfirma, bekamen wir eine gewisse Summe Geld, die wir aber auf ein Bankkonto legten. Das ließen wir unberührt, legten mit den Aufnahmen los und vereinbarten einen Zeitpunkt, an dem wir, wenn nur einer von uns mit dem, was bis dahin geschehen war, nicht einverstanden gewesen wäre, der Plattenfirma das Geld zurückgeben wollten und es bleiben lassen hätten. Aber dieser Tag kam nie – zum Glück!

Jason Orange: Es war eine außerordentliche Situation, in der wir uns bei befanden, als das Angebot kam. Wir hatten und haben es nicht nötig, ein Album zu machen, um Geld zu verdienen. Dazu kam auch noch, dass ja auch die Plattenfirma ein gewisses Risiko mit uns einging. Schlechte Musik, ein schlechtes Comeback-Album herauszubringen, das kann deinem Ruf ganz schön schaden.

Krone.at: Erinnert ihr euch an eure erste Reaktion, als Robbie Williams den Song “No Regrets” rausbrachte? Als er die Bedeutung des Songs erklärte, die ja eine Art Abrechnung mit Take That ist?

Gary Barlow: (rümpft die Nase und verschränkt die Arme) Also, ich habe diesen Song erst vor zwei Jahren entdeckt. Davor – nie gehört. Ich lebte ja zu dieser Zeit auch gar nicht in England. (überlegt kurz) Naja, man weiß ja, es ist Robbies Story, alles sehr dramatisch. Aber es ist ein guter Song und ich verstehe die Perspektive.

Jason Orange: Als ich den Song zum ersten Mal hörte, war ich neidisch. Ich dachte mir, dass muss wahre Befreiung für Robbie sein. Und ich war neidisch, weil ich diese Gefühl einfach noch nicht fühlen konnte.

Mark Owen: Er hat sich von uns befreit, er hat sich damit losgesagt.

Jason Orange: Yeah, aber ich konnte das zu dieser Zeit nicht. Wenn ich jetzt mit ihm Spreche – und wir hören uns fast jede Woche – denke ich mir, dass er sich trotzdem nicht ganz von Take That lossagen konnte. Davor, als wir eine Zeit lang nicht miteinander redeten, sah ich ihn im Fernsehen singen und dachte mir nur: Gratuliere!

Krone.at: Ich fasse zusammen: Eigentlich seid ihr alle hier, weil ihr euch einfach nicht von Take That trennen konntet und kein “No Regrets” gesungen habt?

Gary Barlow: Ja – seltsam, nicht wahr?


Interview: Christoph Andert

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele