Aus Haft entlassen

Kiew: Julia Timoschenko wie Volksheldin empfangen

Ausland
22.02.2014 21:27
Die ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko ist am Samstag nach mehr als zweieinhalb Jahren Haft wieder freigekommen und auf dem Maidan-Platz in Kiew wie eine Volksheldin empfangen worden. "Kämpft bis zum Ende", rief die 53-Jährige, die bei ihrer Ansprache in einem Rollstuhl saß, den Zehntausenden Regierungsgegnern zu.

"Ehre den Helden", sagte Timoschenko mit zitternder Stimme. "Die Diktatur ist gestürzt." Sie sei sich sicher, dass die Ukraine in naher Zukunft der EU beitreten werde. Dies werde "alles verändern". Außerdem forderte die ehemalige Regierungschefin nach dem Tod von Demonstranten in Kiew eine Bestrafung der Täter. Es gelte, das Andenken der Menschen zu ehren, die für die Freiheit der Ukraine gestorben seien.

"Ihr müsst bleiben bis zum Ende, bis Politiker gewählt sind, die das Vertrauen verdienen. Wir müssen es vollenden. Ihr habt ein neues Land verdient. Erlaubt ihnen nicht, ein Land aufzubauen, das ihr nicht wollt", sagte Timoschenko. Wie in einer Wahlrede warb sie um Vertrauen. "Ich werde die Garantin dafür sein, dass Euch niemand verrät und niemand Hinterzimmerabsprachen trifft", sagte sie.

Timoschenko will als Präsidentin kandidieren
Zuvor hatte sie bereits angekündigt, bei den nächsten Präsidentenwahlen antreten zu wollen. "Ihr seid die Kraft, die Garantie dafür, dass es keinen Weg zurück gibt. Ihr habt alles verändert - nicht die Diplomaten, nicht die Welt." Die Rede wurde live im Fernsehen übertragen. "Wir müssen Janukowitsch und den Abschaum um ihn herum auf den Maidan bringen", forderte sie mit sich überschlagender Stimme.

Die Politikerin würdigte die mindestens 82 Toten der vergangenen Tage: "Wir haben es nicht auf friedliche Weise erreicht, aber diese Jungen haben das Ende der Diktatur erreicht", sagte sie. Die Täter müssten bestraft werden. "Die Helden sterben nie!", rief Timoschenko, und die Menge antwortete in Sprechchören. "Ich habe daran gedacht, wie unsere Kinder auf der Straße standen und bereit waren, ihr Leben zu geben. Als Scharfschützen ihre Kugeln in die Herzen unserer Jugend feuerten, trafen sie auch unsere Herzen, und dort werden diese Wunden immer bleiben."

"Geht bis zum letzten Schritt!"
Immer wieder warnte sie davor, den Maidan jetzt zu räumen. "Wenn irgendjemand Euch sagt, Ihr sollt nach Hause gehen, traut ihm nicht, geht bis zum letzten Schritt!", sagte die Politikerin. Unmittelbar nach ihrer Ankunft in Kiew hatte Timoschenko bereits einen direkten Kurs auf die EU gefordert. "Ich bin überzeugt, dass die Ukraine in nächster Zeit Mitglied der Europäischen Union sein und dies alles ändern wird", sagte sie. Viktor Janukowitsch hatte auf Druck Russlands eine EU-Annäherung auf Eis gelegt.

Timoschenko hatte am Samstagnachmittag das Spital in der östlichen Industriestadt Charkow, in dem sie zuletzt festgehalten worden war, verlassen und war sofort in die Hauptstadt Kiew geflogen. Sie ist eine der Galionsfiguren der Orangenen Revolution von 2004/05 und eine der schärfsten Widersacherinnen von Präsident Janukowitsch, den das Parlament am Samstag nahezu zeitgleich mit der Entlassung der 53-Jährigen absetzte (Bericht siehe Infobox).

Zu sieben Jahren Haft verurteilt
Am Freitag hatte die Oberste Rada in Kiew für ein Gesetz gestimmt, das die Vorwürfe gegen Timoschenko nicht mehr als Straftaten wertet. Timoschenko war im Jahr 2011 in einem international kritisierten Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich während ihrer Haftzeit dramatisch. Sie litt unter starken Rückenschmerzen und trat wiederholt aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in den Hungerstreik. Deutsche Ärzte reisten mehrmals zu Timoschenko, um ihren Gesundheitszustand zu überprüfen. Die deutsche Regierung hatte sich wiederholt für eine medizinische Behandlung in Deutschland eingesetzt.

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