"Kein gutes Gefühl"

NASA-Bilder der US-Ölpest: “Es sieht schrecklich aus”

Ausland
19.05.2010 10:48
"Es sieht einfach schrecklich aus. Ich habe kein gutes Gefühl dabei", mit diesen eindringlichen Worten hat am Dienstag der Kommandant der Internationalen Raumstation ISS, Oleg Kotov, den Anblick der Ölpest im Golf von Mexiko aus dem All beschrieben (im Bild: eine aktuelle NASA-Aufnahme). "Wenn man so den Erdball umrundet, sieht man einfach überall den Fußabdruck der Menschheit auf dem Planeten", meinte der Russe weiter.

Die Astronauten schossen bei ihrem Überflug viele Bilder von der Ölpest, halten aber auch Ausschau nach anderen Brennpunkten: "Von der Raumstation aus können wir viele ökologische Probleme der Erde mitverfolgen", sagte Kotov am Dienstag. "Dennoch bleiben wir optimistisch und hoffen, dass die Menschen vielleicht doch noch lernen, besser auf die Umwelt zu achten."

USA räumen Mitschuld ein
US-Innenminister Ken Salazar hat indes eine Mitschuld der Regierung an der Ölpest eingeräumt. Sein Ministerium habe es versäumt, Tiefseebohrungen richtig zu überwachen und die Ölindustrie rechenschaftspflichtig zu machen, sagte er am Dienstag vor dem US-Kongress. In seinem ersten Auftritt vor dem Parlament seit dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" am 20. April versprach der Minister, die ihm unterstellte Aufsichtsbehörde, die Mineral Management Service (MMS), solle mehr Kompetenzen erhalten, besser ausgestattet und unabhängiger werden. Außer Salazar wurden die Leiterin der amerikanischen Umweltbehörde EPA, Lisa Jackson, und der Chef der Küstenwache und oberste Krisenmanager, Thad Allen, vom Senat zu Anhörungen geladen.

Erste personelle Konsequenzen gibt es bereits: Ein MMS-Abteilungsleiter kündigte am Montag seinen Rücktritt an. Chris Oynes erklärte, er werde seinen Posten zum Monatsende aufgeben. Oynes, der seit 35 Jahren für die US-Regierung arbeitet, wurde 2007 zum Abteilungsleiter für Offshore-Projekte ernannt. US-Präsident Barack Obama kritisierte vergangene Woche, dass die Behörde eine zu "behagliche" Beziehung zur Ölindustrie pflege.

MMS lockerte Regeln für Offshore-Projekte
Umweltschützer reichten unterdessen zwei Klagen vor Bundesgerichten in Alabama und Texas ein. Ziel ist es, eine BP-Bohrinsel schließen zu lassen, die ohne vollständige technische Unterlagen betrieben wurde. Die zweite Klage richtet sich gegen die MMS, die internen Unterlagen zufolge im April 2008 die Regeln für die Betreiber von Offshore-Projekten gelockert hatte. Bestimmte Projekte wurden demnach damals von der Verpflichtung, einen Notfallplan vorzulegen, ausgenommen. Seit der nunmehrigen Katastrophe hat die MMS mindestens acht Aufschlussbohrungen genehmigt, obwohl nur minimale Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt wurden. Einige Senatoren fordern vom Justizministerium zu prüfen, ob BP Gesetze des Zivil- oder Strafrechts verletzt habe.

Obama will die Umweltkatastrophe nun von einer Kommission untersuchen lassen, die nach Angaben eines Regierungsbeamten nach dem Vorbild des Ausschusses zur "Challenger"-Katastrophe eingerichtet werden soll. Im Unterschied zu anderen Ausschüssen, die sich bereits mit Ursachen und Hintergründen der Explosion der "Deepwater Horizon" und deren Folgen beschäftigen, ist diese Kommission dem Präsidenten direkt unterstellt.

Erreicht Ölteppich bald Floridas Küste?
Laut den US-Behörden sei es "zunehmend wahrscheinlich", dass der Ölteppich in den Bereich der Meeresströmung "Loop Current" gerate und bis nach Florida gespült werde, sagte die Direktorin der US-Klima-und Ozeanbehörde NOAA, Jane Lubchenko, am Dienstag. Das Öl könnte dann binnen acht bis zehn Tagen Florida erreichen. Die dortigen Strände seien wahrscheinlich aber nur dann gefährdet, wenn ein starker Wind landeinwärts das Öl direkt an die Küste treibe.

Nach Lubchenkos Angaben hatten Satellitenaufnahmen ergeben, dass der Großteil des Teppichs noch Dutzende Meilen von der Meeresströmung entfernt sei, die sich im Uhrzeigersinn durch den Golf zieht. Dünne Ausläufer seien ihr aber schon nahe gekommen. Sollte das Öl die Strömung erreichen, werde es in Florida wegen des Verdünnungseffekts wahrscheinlich in Form von Ölklumpen ankommen, nicht aber als geschlossener Ölteppich. An der Küste von Florida wurden bereits 20 Teerklumpen unbekannter Herkunft entdeckt. Die amerikanische Küstenwache lässt die Klumpen mit bis zu 20 Zentimeter Umfang im Labor untersuchen, um deren Herkunft festzustellen.

Kampf gegen Ölpest erstmals erfolgreich
Vier Wochen lang schien BP den Kampf gegen die Ölpest zu verlieren. Doch am Dienstag wartete der britische Ölkonzern erstmals mit einem Etappensieg auf: BP kann den Ölaustritt zu 40 Prozent stoppen. Nach eigenen Angaben saugt BP jetzt doppelt so viel Öl aus dem beschädigten Bohrloch wie noch am Sonntag. Gut 800.000 Liter täglich strömten bisher nahezu ungehindert ins Meer. 316.000 Liter pro Tag können bereits eingefangen werden, nachdem am Wochenende ein Saugrohr in ein abgebrochenes Steigrohr am Meeresgrund eingeführt wurde.

Der Konzern will die Absaugmenge graduell erhöhen. Insgesamt wolle man etwa die Hälfte des Ölaustritts mit dieser Methode stoppen, sagte der leitende BP-Geschäftsführer Doug Suttles. Experten befürchten allerdings, dass pro Tag weit mehr Öl aus den zwei Lecks in 1.600 Metern Tiefe austritt als von BP angegeben.

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