Der Große Preis von Belgien zählt zu den traditionsreichsten und emotionalsten Rennen im Formel-1-Kalender. Wohl kaum eine andere Strecke hat so viel zu bieten: spektakuläre Kurven, unvorhersehbares Wetter und große Geschichten. Während es für Weltmeister Max Verstappen ein Heimrennen ist, erweckt es bei Charles Leclerc traurige Erinnerungen.
„Jedes Mal, wenn ich ein Rennen gewinne, denke ich an sie“, verrät Charles Leclerc. 2019 feierte der Ferrari-Pilot in Spa-Francorchamps seinen ersten Formel-1-Sieg – nur einen Tag, nachdem sein Jugendfreund, der Formel-2-Pilot Anthoine Hubert, auf derselben Strecke tödlich verunglückt war.
Eau Rouge. Zwei Wörter, acht Buchstaben – und ein Kurvenkomplex, der in der Formel 1 gleichermaßen berühmt und berüchtigt ist. Nach einer langen Geraden rasen die Boliden mit über 300 km/h auf die Passage zu. Zuerst ein leichter Linksknick in eine Senke, dann folgt ein steiler Rechtsbogen mit bis zu 17 Prozent Steigung.
Die Fahrer spüren dabei mehr als das Vierfache der Erdanziehungskraft – über 4G wirken auf den Körper. Formel-1-Legende Michael Schumacher beschrieb die Stelle einst so: „Man sieht nur den Himmel – und bleibt trotzdem voll auf dem Gas.“
Was heute mit modernen Autos Standard ist, galt früher als echte Mutprobe. Oben angekommen wartet nämlich eine Linkskurve, hinter der sich die Kemmel-Gerade befindet. In diese müssen die Fahrer praktisch blind einlenken. Es braucht Vertrauen ins Auto, ins eigene Können und ins Schicksal ...
Spa sorgt für Gänsehaut – auch beim Wetter
Was die Strecke außerdem auszeichnet: Ihre unberechenbaren Wetterbedingungen. Strahlender Sonnenschein in einem Streckenabschnitt, starker Regen im nächsten – solche Szenen sind in keine Seltenheit. Für das dritte Sprint-Wochenende der Saison verspricht die Strecke Spannung pur: Überraschungen sind vorprogrammiert.
Für Weltmeister Max Verstappen ist Spa ein besonderer Ort. Ein weiteres Heimspiel, denn seine Mutter Sophie Kumpen stammt aus Belgien. Spa bezeichnet er sogar als seinen „Lieblings-Boxenstopp“ und zählt den Kurs zu seinen absoluten Favoriten im Kalender.
40 Jahre nach Bellof
Die Geschichte der Eau Rouge ist auch eine Geschichte schwerer Unfälle. 1985 starb der deutsche Rennfahrer Stefan Bellof beim 1000-km-Rennen von Spa – nach einer Kollision an der Betonmauer von Eau Rouge. Noch vor dem Rennen hatte er die Passage als „zu gefährlich für solche Manöver“ bezeichnet. Er probierte es trotzdem – und bezahlte mit seinem Leben. Nach dem Unfall wurden die Auslaufzonen angepasst, doch die Gefahrenstelle blieb.
Tatsache ist: Die Strecke in den belgischen Ardennen hat über die Jahrzehnte zahlreiche Leben gefordert. Insgesamt kamen 49 Fahrer verschiedener Rennserien in Spa ums Leben – dazu vier Streckenposten. Zuletzt 2023: Der erst 18-jährige Niederländer Dilano van’t Hoff starb bei starkem Regen auf der Kemmel-Geraden – ebenfalls nach einem Unfall im Bereich von Eau Rouge.
Tragisches Schicksal für Leclerc
Der Tod von Hubert war für Charles Leclerc ein weiterer persönlicher Schicksalsschlag. Vier Jahre zuvor verlor er bereits seinen Mentor Jules Bianchi. Der Franzose starb neun Monate nach einem schweren Unfall beim Japan-GP 2014 an den Folgen seiner Kopfverletzungen. „Das Wichtigste an Jules war, wie entschlossen er war, seine Ziele zu erreichen“, erinnert sich Leclerc.
2017 dann der nächste Rückschlag: Leclercs Vater Hervé stirbt mit nur 54 Jahren an einer unheilbaren Krankheit. Sein größter Wunsch war es, Charles in der Formel 1 zu sehen. Um ihm diesen Wunsch noch zu erfüllen, flunkerte der 27-jähige – und sagte am Sterbebett, er habe für 2018 bereits ein Cockpit sicher. „Es war ein bisschen früher, als ich tatsächlich unterschrieben habe. Aber letztlich habe ich nicht gelogen – denn jetzt bin ich hier“, blickt Leclerc zurück.
Ferrari mit Updates
Für das Rennwochenende in Spa plant Ferrari das nächste Update für den SF-25. Nach dem neuen Unterboden, der bereits in Spielberg zum Einsatz kam, wird in Belgien eine überarbeitete Aufhängung vorgestellt. Sie soll die Charakteristik des Autos spürbar verändern – und gemeinsam mit dem neuen Unterboden für einen Leistungsschub in der zweiten Saisonhälfte sorgen.
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