Flüchtlingskrise

EU-Kommissar: Höhere Schulden tolerieren

Ausland
01.10.2015 06:27
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici will sich dafür einsetzen, eine höhere Verschuldung von Mitgliedstaaten aufgrund der aktuellen Flüchtlingskrise nicht als Verstoß gegen den Stabilitätspakt zu werten. Vielmehr sollten die Kosten, die wegen der Flüchtlingskrise auf die EU-Mitgliedsländer zukommen, als besondere Investitionen verbucht und damit nicht auf die Schulden angerechnet werden, sagt Moscovici in der Donnerstagausgabe der "Süddeutschen Zeitung".

"Diese Flüchtlingskrise ist kurzfristig eine Belastung für die Volkswirtschaften, mittelfristig kann sich das ändern", führt Moscovici aus. Die Flüchtlingskrise und deren Kosten müsse die EU "deshalb als eine Investition betrachten". "Ich bin sicher, dass sie neue Arbeitskräfte, neue Energie und neuen Konsum weckt, sodass sie schlussendlich einen positiven Effekt haben wird auf unsere Volkswirtschaften", sagt der EU-Kommissar. In den Regeln des Stabilitäts-und Wachstumspaktes der EU seien Ausnahmen bei außergewöhnlichen Umständen vorgesehen.

"Größte Völkerwanderung seit Ende des 2. Weltkrieges"
"Wir werden jetzt analysieren, ob die Flüchtlingskrise als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden kann, es ist ja die größte Völkerwanderung hier seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges", so Moscovici gegenüber der "SZ". "Und dann müssen wir analysieren, wie diese Umstände die Betrachtung der humanitären Kosten als Schulden beeinflussen könnten." Klar sei, dass "wir den Pakt einhalten, aber seine Regeln in ihrer gesamten Breite nutzen müssen".

Moscovici warnt, die Flüchtlingskrise sei "existenziell" für Europa. Die EU sei gefordert, ihre Werte hart zu verteidigen. "Es geht um Menschenrechte und Humanität, darum, sich um Menschen in Not zu sorgen, die willkommen zu heißen, die in ihrer Heimat leiden, verfolgt und gefoltert wurden und deren Leben in Gefahr sind", mahnt der französische EU-Vertreter. Das Leben miteinander werde neu definiert.

Moscovici sieht Fehler bei EU-Osterweiterung ein
Moscovici sieht im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise Fehler bei der Osterweiterung der EU. "Es war unsere Verpflichtung, die Länder aufzunehmen, die der sowjetischen Tyrannei entflohen waren. Wir haben das mit Enthusiasmus getan". Jetzt würden allerdings "große kulturelle Differenzen zwischen einigen dieser Länder und dem früheren, westlichen Europa" deutlich.

Es gehe zum Beispiel um die Frage, ob Europa multikulturell oder christlich sei. "Kein Zweifel, dass die Mehrheit christlich ist. Aber Europa schließt andere Religionen nicht aus", mahnt Moscovici. "Wir dürfen diese alten Vorurteile zwischen uns nicht wieder wachsen lassen, sondern müssen dagegen kämpfen", fordert der EU-Kommissar.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen aus Syrien sowie dem Irak und Afghanistan hat etwa der rechtsgerichtete ungarische Regierungschef Viktor Orban gewarnt, das christlich dominierte Europa könne nicht zahlreiche muslimische Flüchtlinge aufnehmen. Ähnliche Bedenken meldete die Slowakei an.

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