„Schwer, aber möglich“

So geht der steinige Weg zum Nulldefizit

Österreich
21.03.2018 16:25

Es soll endlich Schluss sein mit der Schuldenpolitik der letzten Jahrzehnte. Die türkis-blaue Regierung glaubt an eine Trendwende, die von der guten Konjunktur, den Niedrigzinsen und Einsparungen getragen wird. In seiner ersten Budgetrede kündigte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) für 2019 einen Überschuss von 541 Millionen Euro an. Der Weg zum Nulldefizit ist jedoch ein steiniger. „Es ist schwierig, aber möglich“, meint der Chef des Fiskalrates, Bernhard Felderer, im „Krone“-Interview.

Für 2018 sehen die Vorausberechnungen noch ein Defizit von knapp 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor - das sind rund zwei Milliarden Euro (siehe Grafik). 2019 soll es erstmals seit dem Jahr 1954 einen Budgetüberschuss geben, im Voranschlag ist von 541 Millionen Euro die Rede.

Ob das hält, wird man in knapp zwei Jahren wissen (siehe dazu auch Interview unten). Bis dahin ist es noch ein steiniger Weg, einiges hängt von Faktoren ab, die die Regierung nicht beeinflussen kann. Doch es scheint der feste Wille, dass man die Fehler der Vergangenheit - als auch in guten Zeiten immer neue Schulden gemacht wurden - nicht wiederholen will.

Interessante Eckpunkte
Das Doppelbudget 2018/19, das Finanzminister Löger am Mittwoch unter großem Interesse (auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und viele prominente Altpolitiker saßen auf der Galerie) im Parlament präsentierte, hat einige interessante Eckpunkte:

  • Trotz steigender Staatsverschuldung (auf rund 290 Milliarden Euro) zahlen wir aufgrund der niedrigen Zinsen mit unter fünf Milliarden Euro weit weniger zurück als noch vor Jahren.
  • Die teuren Arbeitsmarktprogramme Beschäftigungsbonus und „Aktion 20.000“ wurden beendet, kosten daher weit weniger als früher eingeplant, nämlich nur rund eine Milliarde statt mehr als zwei.
  • Es gibt mehr Beschäftigte und weniger Arbeitslose, das wird 2019 das Arbeitsmarktbudget ebenfalls um eine Milliarde Euro entlasten.
  • Das, was die Regierung „Einsparungen im System“ nennt, ist schlicht die Kürzung von Mitteln, die in den vergangenen Jahren budgetiert, aber nicht ausgegeben wurden. Über alle Ministerien hinweg kommt so ebenfalls mehr als eine Milliarde Euro zusammen.
  • Gestrichen wurden Dinge wie die Investitionszuwachsprämie, die Lohnnebenkostenförderung für Start-ups oder die Bildungsinnovationsstiftung, was auch einige Hundert Millionen Euro ausmacht.
  • Weil es weniger Flüchtlinge gibt, sinken die Kosten automatisch.
  • Auch die Abbaubanken (Heta, KA Finanz) verursachen keine Ausgaben mehr.
  • In den Ressorts wurde natürlich ebenfalls gestrichen, so werden ÖBB-Investitionen bei Bahnhöfen verschoben.
  • Der Beginn für die Altersteilzeit wird ab 2019 schrittweise um zwei Jahre (auf 60/55) angehoben.

Mit all dem und den sprudelnden Mehreinnahmen kann man die politisch gewollten Mehrausgaben finanzieren, wie den Familienbonus oder die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Größter Ausgabenblock bleiben die Pensionen: Der Zuschuss zu den ASVG-Versicherten und die Kosten für die Beamten-Ruhestände steigen bis 2019 leicht auf zusammen rund 19 Milliarden Euro.

„Es ist schwierig, aber möglich“
Die „Krone“ sprach mit dem Chef des Fiskalrates, Bernhard Felderer, über die ambitionierten Ziele der Regierung.

„Krone“: Herr Professor Felderer, wie sehen Sie als quasi oberster Schuldenhüter der Nation die Chancen, dass das Nulldefizit 2019 wirklich erreicht wird?
Bernhard Felderer: Es ist schwierig, aber möglich, ich würde sagen, es ist auf des Messers Schneide. Wahrscheinlich wird nicht ausreichen, was bisher gemacht wurde, und man wird mehr einsparen müssen.

Sind die Konjunkturannahmen zu optimistisch?
Das Wifo rechnet mit 3,2 Prozent Wachstum für heuer, das ist schon sehr mutig. 2019 wird es dann auf jeden Fall weniger, die Frage ist um wie viel. Davon hängen zum Beispiel die Einnahmen bei der Umsatzsteuer ab.

Aber die Regierung ist auf dem richtigen Weg?
Ja, Ziel ist ein Maastricht-Defizit von null im Jahr 2019. Doch wenn man die Konjunkturschwankungen herausrechnet („strukturelles Budgetdefizit“, Anm.), dann kommen wir erst 2021 auf die Null hin.

Fehlen noch strukturelle Reformen?
In einigen Bereichen, etwa bei den Pensionen. Da werden die Ausgaben künftig mehr steigen, weil die Babyboomer in Pension gehen.

Manfred Schumi, Kronen Zeitung

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