Panzer-Stornierung

Steyr gibt Hoffnung nicht auf

Österreich
12.12.2007 17:07
Als der in Wien-Simmering ansässige Waffenproduzent „Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge“ am 9. Juni 2006 den Vertrag zur Lieferung von 234 „Pandur II“-Radpanzern um rund 800 Millionen Euro an die tschechische Armee nach monatelangem Tauziehen in der Tasche hatte, schien der Triumph über den finnischen Erzrivalen Patria perfekt. Nun sieht es für Steyr nach der dritten Niederlage in Serie gegen den „Angstgegner“ Patria aus. Die Finnen bezirzen die Tschechen und Feuern aus allen Rohren. Steyr gibt den Auftrag aber noch nicht verloren. Indes schlägt die FPÖ vor, Verteidigungsminister Darabos möge den Tschechen die bisher gelieferten Panzer abkaufen.

Bereits im Sommer 2006 hatte SSF bei der Ausschreibung um einen Großauftrag der slowenischen Armee gegen Patria den Kürzeren gezogen. Dabei ging es um ein Auftragsvolumen von rund 263 Millionen Euro. Nun werden die Finnen und nicht Steyr insgesamt 136 Panzerfahrzeuge liefern. 

Anfang August 2007 setzte es den nächsten Schlag für SSF, eine 100-Prozent-Tochter des US-Rüstungskonzerns General Dynamics. Die kroatische Regierung beschloss am 2. August, 84 Radpanzer vom finnischen Rüstungskonzern Patria zu kaufen. Der Kaufpreis wurde nicht bekanntgegeben, nach Angaben von Verteidigungsminister Berislav Roncevic war das Angebot der Finnen jedoch um 42 Millionen Euro günstiger als jenes von SSF. 

Den Tschechien-Auftrag gibt man in Simmering aber trotzdem noch nicht verloren: Für Donnerstag um 14 Uhr sei ein Gespräch im Verteidigungsministerium in Prag angesetzt, hieß es. Auch nach Ansicht von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein ist die Kündigung des Auftrags noch nicht besiegelt. „Das offensichtliche Auftragsstorno ist nicht zur Kenntnis zu nehmen“, erklärte der Minister. Wie das Unternehmen selbst sei er „der Ansicht, dass noch Gespräche mit Tschechien zu führen sind“.

FPÖ-Abgeordneter: Darabos soll Steyr-Panzer kaufen
Verteidigungsminister Norbert Darabos hat den geplatzten Panzer-Deal als schweren Rückschlag für das Unternehmen bezeichnet - insbesondere bedauerte er die Auftragsstornierung in Hinblick auf die österreichischen Arbeitsplätze. Um die sorgt sich auch der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Manfred Haimbuchner, der aber auch schon eine Lösung parat hat: „Der Verteidigungsminister sollte ernsthaft erwägen, im äußersten Notfall die 17 bereits gebauten Radpanzer für das österreichische Bundesheer anzuschaffen, um so österreichische Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem sollte der weitere Bedarf an solchen Fahrzeugen geprüft werden“, empfahl Haimbuchner. „Wenn das Rüstungsprojekt mit Tschechien endgültig platzen sollte, könnte es über eine Beschaffung Österreichs gerettet werden.“

Haimbuchner hält die Begründung des tschechischen Verteidigungsministeriums, wonach Steyr Liefertermine und Qualitätskriterien nicht eingehalten habe, für vorgeschobene Gründe. In Wahrheit habe die Regierung in Prag auf Grund von Budgetnöten nur nach einem Vorwand gesucht, aus dem Vertrag auszusteigen. Der österreichische Handelsdelegierte in Prag, Nikolaus Seiwald, meinte, es handle sich um eine vertragliche Sache zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer; man wolle nicht, dass daraus „eine tschechisch-österreichische Angelegenheit“ werde. Das offizielle Österreich habe damit nichts zu tun, so Seiwald.

Ex-Premier: Hätten Vertrag schon früher abblasen sollen
Ex-Premier Jiri Paroubek, dessen Regierung den Vertrag mit Steyr abgeschlossen hatte, stellte sich hinter die Entscheidung der jetzigen Regierung und meinte, das Prager Verteidigungsministerium hätte den Deal schon früher abblasen sollen, als klar geworden sei, dass Steyr den Vertrag nicht erfüllen könne. Außerdem wären etwa 40 Prozent des Auftragsvolumens auf tschechische Sublieferanten entfallen, die damit ebenfalls um große Aufträge umfallen.

Steyr vs. Patria - David gegen Goliath
Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge hat derzeit rund 500 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2006 einen Umsatz von rund 170 Millionen Euro. Das Unternehmen gehört zur Division „European Land Systems“ des amerikanischen Rüstungskonzerns General Dynamics. Steyr SSF war 1998 aus den oberösterreichischen Steyr-Daimler-Puch-Werken ausgegliedert und an eine österreichische Investorengruppe verkauft worden. Die finnische Patria hat 2006 rund 2.450 Beschäftigte und setzte im Vorjahr 448 Millionen Euro um. Allein 2006 wurden neue Aufträge in Höhe von 554 Millionen akquiriert.

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