Stau

Der Ausweich-Verkehr stößt an seine Grenzen

Salzburg
18.08.2017 23:30

Gespanne mit Segelbootanhänger, Wohnwägen oder Kleinbusse: Im Ortsbild von Grödig oder Wals mittlerweile keine Seltenheit mehr. Durch die Grenzkontrollen am Walserberg suchen sich Autofahrer, meist Urlauber, den Weg durch die Gemeinden - für die Bevölkerung in und um Salzburg mittlerweile ein echtes Problem.

Am Anfang war es nur der Urlauberverkehr: Da stöhnten die Gemeinden entlang der Tauernautobahn (Blockabfertigung) in samstäglichen Abständen, wenn sich die Urlauber-Kolonne Richtung Süden dank ihrer Navi-Geräte den Weg durch die Ortszentren von Eben, Golling, Kuchl oder Hallein bahnt - sofern auf der Autobahn selbst verkehrstechnischer Stillstand herrscht.

Kontrolle am Walserberg sorgt für Stau
Jetzt sind die motorischen Flüchtlingsrouten um ein Nadelöhr reicher: Dem Walserberg, durch die Grenzkontrollen. "Eine einzige Katastrophe", kennt Dominik Schilcher, Juniorchef von "Servus Europa" , dem Betreiber von Tankstelle, Gastro und Hotel am Walserberg, die leidige Situation. "Es ist nur mehr Stau"

Mittlerweile nicht mehr nur sporadisch, wie damals im Herbst 2015 im Rahmen der Flüchtlingskrise von der deutschen Bundesregierung eingeführt, sondern durchgehend. Und wie jüngst bekannt wurde, dass damit auch im November nicht Schluss sein wird. Im Gegenteil: Die Grenzkontrollen werden verschärft.

Die Folgen sind unübersehbar: Staus, überall. Auf der Autobahn, rund um den Walserberg, in den Ausweich-Gemeinden Wals und Grödig sowieso, natürlich in der Stadt Salzburg selbst.

Anrainer in Wals und Grödig verzweifelt
Richard Hemetsberger, Ortschef in Grödig, riegelt, wie berichtet, seine Straßen mittlerweile ab. "Das können wir bei uns leider nicht", ist Andreas Hasenöhrl, Vizebürgermeister von Wals-Siezenheim, mit dem Problem konfrontiert. "Bei uns gibt es fast täglich Stau durch Fahrzeuge, die von der Autobahn ausweichen!"

Das treibt die Bevölkerung auf die Barrikaden: "Der Stau ist überall", wissen Alois und Gertraud Hasenöhrl vom Hotel Himmelreich. Viehhausen-Anrainer Hans Winklhofer: "Es ist eine Kolonne, die sich da durchzwängt!" Sohn Daniel (17): "Vor allem, wenn wir mit den landwirtschaftlichen Fahrzeugen unterwegs sind, ergeben sich durchaus gefährliche Situationen durch die vielen ortsunkundigen Autofahrer!" Thomas Sturm aus Loig: "Die Flughafen-Kreuzung ist oft unpassierbar!" Waffen-Händler Bernhard Russegger setzt drauf: "Kunden aus Salzburg lassen sich ihre Ware schicken, weil sie nicht mehr herfahren wollen!"

Ein Lösungsansatz: "Die Grenzkontrollen effizienter gestalten", fordern Wals-Vize Hasenöhrl und Walserberg-Unternehmer Schilcher. Etwa die Kontrollzone von zwei auf vier Spuren vergrößern, um die Autos einfach schneller abzufertigen.

Max Grill, Kronen Zeitung

Kommentar Hans Peter Hasenöhrl:

Ein Gipfel Salzburg-München gegen Lähmung an der Grenze

Der Europäischen Union, diesem bürokratischen Monster, gelingt es noch immer nicht, die Außengrenzen dauerhaft zu sichern. Wie sehr dies konkrete Auswirkungen auf die Menschen hat, zeigt das Beispiel von Wals.

Die Bewohner ersticken im Stau, der sich durch die strengen Kontrollen am Walserberg wie ein Krebsgeschwür rasant verbreitet. Teile der West- und der Tauernautobahn sind an den Wochenenden total blockiert. Gelotst von ihren allwissenden Navigationsgeräten suchen sich Autolenker aus halb Europa ihre Schleichwege - durch Grödig, entlang des Untersbergs und natürlich durch die schmucken Siedlungen von Wals-Siezenheim.

Das alles wird sich bis zur Bundestagswahl am 24. September 2017 noch empfindlich verschärfen. Die Hardliner der bayrischen CSU wollen nämlich demonstrieren, wie das geht, wenn sie Sicherheitspolitik zelebrieren. Innenminister Joachim Herrmann denkt gar nicht daran, für die Jagd nach Schleppern, Terroristen und Migranten einen zeitlichen Horizont zu skizzieren. Salzburg wird mit der neuen Grenze auch 2018 leben müssen.

Die Kontakte zwischen dem Chiemseehof und der Staatskanzlei in München sind erlahmt. Vorbei die Zeiten, als Franz Josef Strauß im "Tomaselli" seinen Kaffee trank und dabei noch beklatscht wurde. Die Eiszeit brach schon nach den Protesten gegen die Atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf an.

Rasch müsste man auf gleicher Augenhöhe verhandeln: Mehr Abfertigungsspuren. Noch mehr gemeinsame Streifen in den Wäldern. Und dann die Infrastruktur: Schluss mit dem unsäglichen Luftkampf um die Anflugrouten nach Salzburg. Eine gemeinsame Lösung für die schwachbrüstige Bahnstrecke nach München. 40 Minuten Fahrzeit bei Tempo 230 für die 116 Kilometer wären das oberste Limit. Und dann muss ein Ausbau dieser landstraßenähnlichen Autobahn bis Rosenheim kommen. So jedenfalls sind Teile Salzburgs wie gelähmt. Und selbst fabrizierten Stau haben wir ohnehin schon genug.

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