Wifo-Experte:

“Es gibt noch Schlupflöcher für die Frühpension”

Wirtschaft
22.04.2017 08:32

Trotz vieler Reformen war es auch im Vorjahr noch so, dass mehr Österreicher früher als zum gesetzlichen Pensionsalter in den Ruhestand traten. Rund 44.000 nutzten (nicht immer freiwillig) die diversen Möglichkeiten zur Frühpension (siehe Grafik). 37.000 traten eine "normale" Alterspension mit 65/60 an. Bei den Beamten gehen sogar zwei Drittel früher. Fazit von Thomas Url, Pensionsexperte des Wifo: "Es gibt noch Schlupflöcher für die Frühpension."

Allerdings wurde einiges unternommen, um es schwieriger zu machen. Besonders traf das die Invaliditätspensionen. Url: "Man braucht eine amtsärztliche Prüfung, und eine Rehabilitation ist zwingend vorgeschrieben." Das führte dazu, dass es z.B. im Vorjahr zwar 57.040 Anträge, aber deutlich weniger Zuerkennungen gab, also mehr als die Hälfte davon abgelehnt wurden.

Bei der früher so beliebten "Hacklerpension" hat man den Zugang zwar verschärft, doch zuletzt stieg die Inanspruchnahme wieder an: Statt mit 60 ohne Abschläge konnte Männer im Vorjahr noch mit 62 und rund zwölf Prozent Abschlag gehen. "Im ersten Jahr nach der Änderung gingen die Anträge stark zurück. Doch viele nutzten die Möglichkeit später, dazu kamen jene, die es sowieso vorhatten", analysiert Experte Url.

"Korridorpension" ersetzt Hacklerregelung
Weniger attraktiv ist die "Korridorpension" (ab 63 für Männer), weil diese mit fast 16 Prozent die höchsten Abschläge hat. Allerdings wird ab Oktober 2017 die Hacklerregelung durch die Korridorpension ersetzt! Im Auslaufen ist die Frühpension wegen langer Versicherungsdauer, dafür nimmt die Schwerarbeitspension (ab 60 Jahren mit nur neun Prozent Abschlag) zu.

Bei den Beamten gibt es immer noch Bundesländer, die jene Reformen, die im ASVG oder beim Bund längst Standard sind, nicht nachvollzogen haben. In Wien wird das etwa erst nach 2040 sein. Eine beliebte "Methode" war früher, dass Beamtinnen kurz vor der Pension ins ASVG übertraten, weil dort für sie das Antrittsalter 60 ist, während bei den Beamten Frauen und Männer erst mit 65 gehen. Doch das wurde erschwert, inzwischen muss man fünf Jahre im neuen System sein, um das andere Pensionsrecht nutzen zu können.

Immer mehr Österreicher in Altersteilzeit
Eine Art der Frühpension ist auch die "geblockte" Altersteilzeit, bei der man 2,5 Jahre voll weiterarbeitet und dann zuhause bleibt, aber immer 75 Prozent des Einkommens bezieht. Da hier das AMS zuzahlt, scheinen diese rund 8000 Bezieher nirgendwo als "Frühpensionisten" auf. Url: "Das wollte man schon einmal abschaffen." Jetzt muss für jemanden, der die Altersteilzeit "blockt", vom Betrieb eine Ersatzarbeitskraft eingestellt werden. In der Praxis ist das schwierig zu kontrollieren.

"Man muss mehrere Dinge gleichzeitig machen, um die Frühpensionen einzudämmen", so Thomas Url, "dazu gehören mehr Gesundheitsvorsorge genauso wie altersgerechte Arbeitsplätze und Anreize für die Unternehmen, Ältere zu beschäftigen." Dazu müssen noch die "Schlupflöcher" geschlossen werden.

Manfred Schumi, Kronen Zeitung

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